ZU ZWEIT
Ein trüber Sommermorgen umfing die stille Insel. Kühler Wind strich um das hübsche Backsteinhaus im Sanddornweg. Enno Bohlhagen, ein Mann Ende fünfzig, hager und ergraut, schaute versonnen zu den Dünen hinüber, wo der Strandhafer wogte.
Doch er verweilte nicht lange am Küchenfenster; denn Aufgaben warteten auf ihn. Er hatte sich angewöhnt, für sich und seine Frau, die ungern früh das Bett verließ, das Frühstück zu bereiten. Die allmorgendlichen Verrichtungen, denen er seit ziemlich genau drei Jahren nachging, taten seiner Seele wohl.
Für einen recht schweigsamen Menschen, wie er es war, oder sagen wir besser: wie er es geworden war, bot sich so an jedem Tag eine gute Gelegenheit, Theda zu zeigen, wie sehr er sie liebte und wie wichtig sie für ihn war. Sie verstand, daran zweifelte er nicht, was er ihr auf diese Weise mitteilen wollte.
So legte er alles, was zu einem reichhaltigen und gesunden Morgenmahl gehört, zurecht. Die Zeit drängte nicht; denn erst am späten Vormittag würde er Touristen durch das Watt führen. Mit dem Fahrrad fuhr er ̶ gegen den aufgefrischten Wind ankämpfend ̶ zur Backstube. Über ihm flog ein Schwarm Silbermöwen mit durchdringenden Warnrufen hinweg. Daheim angekommen, kochte er eine große Kanne feinen Ostfriesentee.
Am nächsten Tag, einem Sonnabend, würde er, wie jede Woche, einen Blumenstrauß kaufen, um seiner Frau eine Freude zum Wochenende zu bereiten. Er brachte sommersüber stets ihre Lieblingsblumen, rote Gerbera, mit.
Als die Küche wohlig warm und der Tee trinkfertig waren, rief er zärtlich zum Schlafzimmer hinauf ihren Namen. Er lauschte. Wie aus einer unbestimmten Ferne vernahm er ihre Stimme. Er setzte sich und wartete mit freudigem Herzen auf sie.
Auch an diesem Morgen würde sie nicht den gewohnten Platz neben ihm einnehmen. Vor drei Jahren war sie ̶ völlig überraschend ̶ gestorben.