Was unbezahlbar ist…


Was unbezahlbar ist…

08.01.2019 bis 01.02.2019

 

Das Kostbare,

das Köstliche,

das eigentlich Wert-volle,

ist all jenes

Unbezahlbare,

das wir mit Geld

nicht kaufen,

mit Betrug

nicht erwerben,

mit Gewalt

uns nicht aneignen

können.

 

 

Der Hintergrund:

Im Adventskalender „Der Andere Advent 2018/19“ findet sich am 18.12. unter der Überschrift „Unbezahlbar“ der Hinweis auf das Projekt „Was ist unbezahlbar?“, aus dem Jahre 2009. Start der Städte-Tour war am 16.Mai 2009 auf dem Hauptmarkt der altehrwürdigen Handels- wie auch Händlerstadt Nürnberg. Einen Tag lang sollten Marktbesucher, Passanten und Touristen auf einem 50m langen Tischtuch kurz beschreiben, was für sie persönlich „unbezahlbar“ ist. Im Umfeld der 2008 ausgelösten Banken-Krise wollte dieses Projekt zur Auseinandersetzung mit sowie dem Stellenwert von „Geld“ für unsere Gesellschaftsform einladen. Was ist mittels Geld „käuflich“? Was ist hiergegen „unbezahlbar“? Die Tischinstallation wurde sodann in verschiedenen Städten und Kulturen wiederholt. Im Internet sind weitere Informationen zum Projekt-Verlauf zu finden.

 

Überblick auf die vier Teilessays:

In vier kurzen Essays, einzelnen Kapiteln gleich, die in der Schriftform Teile eines einzigen Essays darstellen, soll gleichsam in „Siebenmeilenstiefeln“ folgender Horizont abgeschritten werden:

  • Wenn wir wissen wollen, was unbezahlbar ist, so gilt es zunächst zu klären, was käuflich bzw. mittels Geld bezahlbar ist. Daher steht am Anfang der kleinen Essay-Reihe der historische Rückblick auf die Entstehung des Geldes in der Antike, die damit verbundene Entwicklung von Waren und Handel sowie die frühen Märkte und antiken Fernhandels-Routen.
  • Der zweite Essay wird sich damit befassen, wie der Gewürzhandel des frühen 16. Jahrhunderts zum „Schwungrad“ europäischer Expansionsbestrebungen wurde. Welche Rolle spielten hierbei die frühen Kaufmannsgilden und Handelskompanien mit ihren Ressourcen-Ausbeutungen? Wie kam es in diesem Umfeld zu ersten technischen Innovationen; wie ebneten diese den weiteren Weg zum frühen „Merkantilismus“ und wie brachte diese Wirtschaftsform die „erste Industrielle Revolution“ auf die „Schiene“?
  • Der dritte Essay spinnt den „roten Faden“ von den ersten technischen Innovationen weiter zur „ersten Industriellen Revolution“ um 1850, und von dort zur digitalen Revolution der letzten 20 Jahre: der globalisierte, digitalisierte Marktplatz im Universum der Algorithmen.
  • Der vierte Essay kehrt zum Ausgangs-Punkt und der Frage zurück, was unbezahlbar ist. Die versuchte Antwort nimmt einerseits Anleihen in der antiken Philosophie, wie sie andererseits auf zeitlos Gültiges verweist. Die skizzenhaften Aufrisse bzgl. Waren, Handel, Markt u.v.a.m. in ihren vielgestaltigen Ausformungen dienten lediglich als Gegenentwurf innerhalb des gesetzten Themas.

 

Eine kurze Geschichte des Geldes:

Mich faszinierte zunächst die Zeitlosigkeit der Frage-Stellung: „Was ist unbezahlbar?“, und damit unaufhebbar verbunden die konträre Frage: „Was ist mittels Geld käuflich?“ Wie weit lassen sich historisch belegbare Spuren des „Geldes“ nachweisen? Wann wurde aus Tauschhandel nach und nach Geldwirtschaft? Begeben wir uns auf Spurensuche!

Bis etwa ins 2. Jahrtausend vor Christus reichen im Mittelmeerraum die Spuren des ersten „Geldes“ zurück. Es handelt sich dabei um bronzene Haustierminiaturen. Recht eigentlich von „Geld“ als Zahlungsmittel kann man ab ca. 650 v. Chr. sprechen, als in Lydien und etwas später auch in den griechischen Stadt-Staaten Münzen in unterschiedlichen Materialien und Werten „geschlagen“ wurden. Der anfängliche Tauschhandel von Waren — der auf verschiedenen Kontinenten noch bis ins 18. und 19. Jahrhundert fortbestand (etwa der Tausch von Sklaven gegen Glasperlen u.a. Tand, Tuchen und Waffen in West- bzw. Ostafrika; von hochwertigen Pelzen und Fellen gegen Decken und „Feuerwasser“ in Nordamerika…) — wird bereits ab dem sechsten vorchristlichen Jahrhundert sowohl im Römischen Imperium, aber auch in Indien sowie Fernost durch Bezahlung mittels Münzen ersetzt. Tauschhandel verändert sich im Laufe der Zeit zu Geldwirtschaft. Wie archäologische Funde belegen, waren die älteren Münzen zunächst bildlos, also ohne Konterfei eines Kaisers oder sonstigen Herrschers. Julius Caesar war wohl der erste Imperator, der sein Portrait auf Münzen schlagen ließ; im Mittelalter war das Münzrecht dem Kaiser und Königen vorbehalten, in der beginnenden Neuzeit kamen Kurfürsten und Herzöge, sofern sie Münzrecht besaßen, hinzu. Münzen bestanden aus unterschiedlichen Halb- oder Edelmetallen, oftmals aus Kupfer, Bronze, Elektron, einer natürlichen Gold-Silber-Legierung, Silber oder Gold. Seit der zweiten Hälfte des fünften, vorchristlichen Jahrhunderts kommen vermehrt sog. „Scheidemünzen“ in Umlauf, deren aufgeprägter bzw. eingeschlagener Nominalwert höher war/ist, als der Wert ihres Metalles (dies gilt bis heute für die Euro-Münzen; Ausnahme: die 50 Cent-Euromünze). Somit konnten große Warenmengen mit immer kleineren bzw. auch leichteren Münzen verrechnet und bezahlt werden. Schließlich führte die Erfindung des Papiergeldes als akzeptiertes Zahlungsmittel im 11. Jahrhundert in China, Song-Dynastie, sowie im 14. Jhdrt. in den Händler- und Kaufmanns-Dynastien Italiens zur weiteren Erleichterung des Zahlungsverkehrs. Und dies ist wortwörtlich zu verstehen. Gedrucktes Papiergeld ist eine bahnbrechende Erfindung im Zahlungsverkehr, der Revolution des Buchdruckes durch Johannes Gutenberg vergleichbar. Denn ein „Zahlschein“ unter Handels- und Bankhäusern oder später eine vom Staat in Umlauf gebrachte „Banknote“ wiegt nur den Bruchteil einer Münze. Bereits die Augsburger Fugger & Welser wussten daher die Vorzüge des Papiergeldes zu schätzen. Zudem kann der Nominalwert einer „Banknote“ beliebig erhöht werden (vgl. „Inflationsgeld“), während ihr Materialwert verschwindend gering war bzw. ist. Ein Beispiel zur Verdeutlichung: ein 500-Euro-Schein wiegt 1,12 Gramm; sein Äquivalent in 1-Euro-Münzen wiegt jedoch ca. 3,75 Kg. Geldscheine kann man bequem bündeln; Münzen jedoch muss man stapeln. Große Summen in „Scheinen“ / Banknoten, passen leicht in ein Aktenköfferchen; die gleichen Valuta in Münzen benötigen jedoch einen gepanzerten Geldtransporter mit Spezialbereifung bzw. -federung, da ihr Gewicht schnell mehrere hundert Kilogramm wenn nicht Tonnen erreichen kann… Und selbst unsere heutige Cyberworld kommt nicht ohne eine digitale Währung und „Münzen“ aus: die sog. „Bitcoin“ (Äquivalent am 01.02.2019 um 08:53 Uhr UTC: 2.964,54 Euro).

 

Entwicklung von Waren und Handel; frühe Märkte und Fernhandels-Routen:

Zurück zur Eingangs-Frage: „Was ist unbezahlbar?“ Betrachten wir auf einem gedachten „Zeitstrahl“ von heute aus rückblickend die Geschichte des Geldes, so müsste die zweigeteilte Frage doch exakter lauten: „Was ist einer-seits damals wie heute mit Geld kaufbarund was ist anderer-seits damals wie heute mit Geld nichtzu kaufenund deshalb nichtbezahlbar, also unbezahlbar?“ Denn von der heutigen Bitcoin bis zurück zu den ersten Tierminiaturen steht dem Geld, der Münze, als Tausch-Wert-Objekt irgendein „Gut“, irgendeine „Ware“ mit geschätztem oder klar definiertem „Wert“ gegenüber, das via „Geben & Nehmen“ zwischen einem „Verkäufer & Käufer“ als „Angebot & Nachfrage“ seinen Besitzer wechselt. Ist es nicht tatsächlich so, dass Geld nicht nur die Waren-Welt sondern auch die „wahre Welt“ totalitär regiert, gerade so, wie es das „geflügelte Wort“ uns suggeriert: „Nur Bares ist Wahres!“…—?

Rück-Blick: Vor etwa viertausend Jahren mögen es Rinder, Ziegen, Schafe, o.ä. gewesen sein, die via Metallplättchen den Besitzer bzw. Eigentümer wechselten. Vor zweitausendsechshundert Jahren war das Warenspektrum in den griechischen Stadtstaaten des Mittelmeerraumes schon erheblich breiter geworden: nicht nur alle erdenklichen Lebensmittel — etwa vom Geteide über Milch, von Oliven bis hin zu Fleisch und Fisch sowie deren weiterverarbeiteten Erzeugnisse wie etwa Brot, Käse, Olivenöl (vgl. Anekdote des Thales von Milet, 625-544 v. Chr.) etc.pp. — sondern auch Waren von unterschiedlichen Handwerkern (altgr. „bánausos„), wie etwa Tonkrüge, Terracotta-Schalen und irdene Becher u.a.m., die die Töpfer sowohl für den Alltagsgebrauch wie auch zum Transport von Waren fertigten, konnte man mittels Geld käuflich erwerben; ferner unterschiedlichstes Geschmeide aus Gold oder Silber, verziert mit Edelsteinen, u.ä.m., das von Kunsthandwerkern, wie etwa den Gold- und Silberschmieden verfertigt wurde. Aber noch kaufte der Käufer nicht das Wissen selbst dieser Hand-Werker, sondern stets deren verfertigte, materiellen Waren. Das unterscheidet den bánausos grundlegend von den späteren Entdeckern des 16. und Erfindern des 19. und 20. Jahrhunderts. Ferner zählten schon damals auch Menschenleben zu den käuflichen „Gütern“, wie uns dies die Anekdote von „Platon auf dem Sklavenmarkt von Aigina“ sehr drastisch und prägnant vor Augen führt. Vom heutigen Spanien über Magna Graecia, dem heutigen Süditalien und Sizilien, weiter über den gesamten Mittelmeerraum, dem Schwarzen Meer bis hin zum vorderasiatischen Kaukasus breiteten sich vom 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr. griechische Pflanzstädte (Apoikien) aus, in denen man seinerzeit gegen Geld als Zahlungmittel ein breitgefächertes, teils handwerkliches Waren-Spektrum käuflich erwerben konnte. Handel und Kultur blühten in dieser Zeit auf.

 

Im Imperium Romanum kamen neben all diesen bereits bekannten Waren und Gütern sodann sog. „Luxusgüter“ hinzu, d.h. Güter, die man nicht unmittelbar zum Leben benötigte, die jedoch den persönlichen Status des Inhabers bzw. Trägers unterstrichen, diesen aus der Menge des Volkes markant hervor- und individuell heraus-hoben: etwa der äußerst kostspielig zu gewinnende „Purpur“, der aus dem Sekret tausender Purpurschnecken gewonnen wurde; Seide, Damast und filigranes Porzellan aus Fernost, die über die antike „Seidenstraße“ nach Rom bzw. ins weitverzweigte Imperium transportiert wurden, ein Herrschafts-Gebiet, das unter Kaiser Trajan (58-117 n. Chr.) vom „Hadrians-Wall“ in England, über die Iberische Halbinsel, Nordafrika bis in den Nahen Osten reichte und schon damals über ein exzellent ausgebautes Straßennetz verfügte. Über die sog. „Weihrauchstraße“ transportierten Karavanen Weihrauch und Gold aus Arabien und dem Oman bis nach Konstantinopel und Alexandria; ferner Elfenbein, Edelsteine und Sklaven aus dem Innersten Afrikas, u.v.a. Luxusartikel mehr. Das alles musste „vor Ort“ von Händlern bzw. Zwischenhändlern erworben, an Handelsplätzen gestapelt und eventuell auf andere Transportmittel umverladen, mengenmäßig erfasst und „kommissioniert“ werden, bevor es sodann gegen Aufpreis und Gewinn in Richtung Europa weitertransportiert werden konnte.

Aber auch die weitläufigen Latifundien, die oft mehr als 500 ha Land umfassten, konnten als „Luxusgüter“ im mehrfachen Sinne gedeutet und verstanden werden. Über wieviel Sklaven und Tiere herrschte der „dominus“ — über wieviele Sklavinnen und Gesinde herrschte die „domina dominorum“…?

 

Ausblick:

Der folgende Essay wird sich mit der Warengruppe der Gewürze und deren entscheidende Rolle für die Entdeckungen unserer Welt befassen.

 

 

Das Projekt „Was ist unbezahlbar?“ von 2009

http://daspapiertheater.de/Unbezahlbar/german/menue.htm

 

 

Länderwährungen im Überblick

https://www.laenderdaten.de/wirtschaft/waehrungen.aspx

 

Tageskurse der Bitcoin

https://www.finanzen.net/devisen/bitcoin-euro-kurs

 

Infos zu Magna Graecia

https://de.wikipedia.org/wiki/Magna_Graecia

 

Infos zum Imperium Romanum

https://de.wikipedia.org/wiki/R%C3%B6misches_Reich

 

Infos zu Kaiser Trajan

https://de.wikipedia.org/wiki/Trajan

 

antike Gewinnung des Purpur-Farbstoffes

https://de.wikipedia.org/wiki/Purpurschnecke

 

Infos zur Seidenstraße

https://de.wikipedia.org/wiki/Seidenstra%C3%9Fe