Schreiben, was gesund macht – literarische Produktivität in Krisenphasen


Schreiben, was gesund macht – literarische Produktivität in Krisenphasen

 

Wenn alles fluppt, dann fließt auch die Feder. So sagt man es jedenfalls. Wie aber hält man in längeren Phasen des Misserfolgs oder des Stillstands durch? Gerade dann ist es wichtig, weiterzuschreiben, denn Schreiben weckt selbstheilende Kräfte und diese wiederum ebnen den Weg zu neuem Erfolg.

Aber wie komme ich in einer Krisenphase wieder zu meinem Flow?

Zehn Tipps habe ich für Sie:

 

  1. Wählen Sie einen Stoff, der Ihnen liegt. Lassen Sie sich kein Thema überstülpen, das Ihnen zu fremd ist. Wenn Sie den Kontakt zu Ihrer Materie spüren, erfahren Sie ein geschmeidigeres Schreiben, das Glücksgefühle hervorrufen kann. Wählen Sie kein zu deprimierendes Thema. Neigen Sie zur Schwermut, können Sie gern ernste Romane schreiben, aber Sie sollten sich vornehmen, dass am Ende ein Lichtblick steht. Das muss kein Happy End sein, oft genügt bereits eine Hoffnungsperspektive.

 

  1. Wählen Sie ein Setting, mit dem Sie sich auskennen. Eine zu aufwändige Recherche kann den Schreibprozess blockieren. Zeitzeugengespräche können sehr anstrengend sein, weil die Gesprächspartner Energie absaugen. Das gilt ebenso für das Studium komplizierter Quellen. Wenn man ihren Inhalt nicht wirklich erfasst und schriftstellerisch umsetzen kann, wirkt das frustrierend. In Maßen sind Forschungen unentbehrlich, aber sie sollten an etwas anknüpfen, was man weiß, und nicht an eine völlig ungreifbare Materie.

 

  1. Schaffen Sie sich rechtzeitig eine Perspektive, was aus Ihrem Projekt wird. Gehören Sie zu den Autoren, die auf Verlagsanfrage ein Buch entwickeln? Dann lesen Sie Punkt 5. Gehören Sie jedoch zu denjenigen, die eine Idee haben und das Projekt zunächst nur für sich realisieren – ohne nach dem künftigen Abnehmer zu fragen? Dann sollten Sie sich zwischendurch fragen, für wen Sie schreiben und ich welcher Weise Sie das Buchprojekt verwirklichen wollen. Wenn man eine Veröffentlichungsperspektive hat, schreibt sich der Text schneller zu Ende.

 

  1. Werten Sie sich nicht selbst ab, wenn andere Kollegen bei renommierteren Verlagen veröffentlichen, den besseren Agenten oder überhaupt einen Agenten haben und von qualifizierteren Medien besprochen werden. Schätzen Sie den Wert derer, die sich für Sie interessieren und die Sie wahrnehmen. Erkennen Sie Ihre Leistungen als wertvoll an – sie sind es!

 

  1. Schreiben Sie immer wieder Sachen, die andere interessieren. Dazu können Auftragsarbeiten gehören. Das stärkt zum einen das Selbstbewusstsein, weil die Veröffentlichung ziemlich feststeht. Zum anderen kann die Auseinandersetzung mit einem Thema, das nicht mit dem persönlichsten Inneren zu tun hat, die Distanz zu sich selbst fördern und zu positiveren Gefühlen beitragen. Bei eigenen Entwürfen: Halten Sie die Ohren offen – Welche Themen und Stoffe sind anderen wichtig? Worüber wird auf Messen gesprochen? Welche Lesungen kommen gut an?

 

  1. Senken Sie den Anspruchslevel etwas. Vielleicht hat es mit dem Wunschverlag nicht geklappt. Lernen Sie loszulassen und es vielleicht eine Stufe tiefer zu versuchen: Vielleicht machen Sie ungewöhnliche Erfahrungen mit einer gelingenden Zusammenarbeit.

 

  1. Schreiben Sie zwischendurch kleine Sachen. Machen Sie einen Artikel für einen Blog oder eine Zeitschrift, schreiben Sie für einen anderen Autor eine Rezension. Schauen Sie sich in Ihrem Umfeld um, wo ein schriftliches Erzeugnis von Ihnen gefragt sein könnte. Wenn Sie so im Dialog mit den Menschen Ihrer Umgebung sind und positive Rückmeldungen bekommen, fördert dies die Motivation, auch wieder in umfangreichere Projekte zu investieren.

 

  1. Suchen Sie das Gespräch mit Gleichgesinnten. Schreiben ist zwar ein einsames, wenn nicht sogar einzelkämpferisches Geschäft, aber auch das Gemeinschaftsgefühl kann Teil der schriftstellerischen Tätigkeit sein. Wirken Sie in einer AutorInnenvereinigung mit, wo Sie nicht nur gemeinsam Texte besprechen, sondern auch Lesungen veranstalten. Der Erfolg wird dann als gemeinsamer Erfolg erlebt.

 

  1. Ein Text darf auch misslingen. Nicht alles, was man zu Papier bringt, muss die gewünschte Qualität haben. Schreiben läuft nach dem Prinzip der Aussaat. Nicht jeder Keim gedeiht zur Pflanze. Sie sollten aber immer wieder Neues säen, Ideen ausstreuen und darauf vertrauen, dass Sie von vielleicht sechs Romanprojekten, die Sie ernsthaft beginnen, drei zu Ende führen, dass davon zwei zum Buch werden und eines ein sichtbarer Erfolg.

 

  1. Lassen Sie zu, dass Schreiben glücklich macht. Vergessen Sie auch mal den Zwang zu Spitzenleistung und Reputation. Suchen Sie die literarische Entspannung. Musikalische und visuelle Impressionen können zum freien Dichten und Fabulieren verleiten – unabhängig von der Zweckorientierung des Ergebnisses. Wenn Ihnen Schreiben wichtig ist, schreiben Sie! Auch wenn Sie die schriftstellerische Tätigkeit schon mehrmals hinschmeißen wollten, weil Sie keinen Verlag gefunden haben, weil die Literaturagentur Sie rausgeworfen hatoder weil sich nicht genügend Käufer für Ihre Bücher fanden. Denken Sie dann: Wenn Sie das Schreiben aufgeben, werden Sie unzufrieden – und wenn Sie wieder ein Projekt erarbeiten, stimmt Sie das froh. Das soll Sie zum Weitermachen verlocken und dann und wann kommt auch ein schönes Erfolgserlebnis.

 

 

www.susanne-konrad.de