Das Spektrum politisch-toxischer Narrative — Beispiele von linksextrem bis rechtsextrem,Teil III


Das Spektrum politisch-toxischer Narrative — Beispiele von linksextrem bis rechtsextrem,Teil III

Synopsis, Teil I,

linksterroristische Narrative und Positionen

Einführende Vorbemerkungen

20.12.2021 bis 01.01.2022

 

Erläuternde Vorbemerkungen

In Anlehnung an die BKA-Klassifizierung sollen unter „linksterroristischen-“ bzw. „linksextremistischen Narrative“ jene kolportierten Gedanken-Positionen verstanden werden, die den Umsturz des Staates und seiner freiheitlich-demokratischen Verfasstheit mittels gewaltverherrlichendem Terror bzw. Gewalttaten befürworten. So etwa, wenn die Agitations-Propaganda in Chatgruppen, Foren, im öffentlichen Raum, etc.pp. unter anderem Attentate auf wichtige Personen des öffentlichen Lebens als berechtigte Forderungen der eingenommenen ideologischen Positionen beinhalten.

 

Methodisches

Als Methode der Verdeutlichung wähle ich einerseits eine „vergleichende Methode“, die ich „Übertragung“ bzw. „Spiegelung“ nenne. Sie soll mögliche Parallelen zwischen politisch-toxischen Narrativen aufzeigen. Denn obschon sich Extrem-Positionen inhaltlich aufs Schärfste widersprechen können — etwa Linksextremismus versus Rechtsextremismus, Trumpismus versus Demokratieverständnis, gesellschaftliche Spaltung versus Solidargemeinschaft, u.v.a.m. — lassen sich die engführenden Strukturen auf einen „gemeinsamen Nenner“ hin vergleichen. Es soll dargelegt werden, dass ein inhaltlich von-einander aufs Weiteste Getrennte, strukturell einander zwillingshaft ähnlich und damit „nah“ sein kann. Auch hinsichtlich der gewählten Emotionen, der bildhaften Motive sowie der Motivationen seitens der Agitator*innen wie auch der Anhänger*innen, lässt sich Gemeinsames heraus-arbeiten. Es gilt: ich übertrage die (Erzähl-)Struktur; ich spiegele den Inhalt. Ein Beispiel zur Verdeutlichung für Übertragung: Die Erzähl-Struktur einer marxistisch-leninistisch aufgelagerten Ideologie basiert auf dem „absoluten Gesetz“ der „Weltrevolution“. Die Erzähl-Struktur einer nationalsozialistischen bzw. faschistischen Ideologie basiert auf dem „totalitären Glauben“ an eine „völkisch reine Herrenrasse“. Die Erzähl-Struktur des modernen Trumpismus basiert auf der vernichtenden Lebens-Lüge Trumps: Make America great again. Hinsichtlich ihres Absolutheitsanspruches sowie ihres Vernichtungs-Potentials ähneln sich m.E. diese Erzähl-Strukturen. Spiegele ich jedoch die Inhalte, so wird aus der gewaltverherrlichenden „Weltrevolution“ überzeugter „Marxisten“ die „Machtergreifung Hitlers“ durch die NSDAP sowie „der Sturm auf das Washingtoner Kapitol“ durch aufgehetzte Trumpisten.

Andererseits wähle ich eine phänomenologische Methode, d.h.: was zeigt sich uns als den Betrachtenden wie…—? Phainomenon ist im Altgriechischen das „Sich-Zeigende“. Das WIE ist „strukturell“, das WAS ist „individuell“. Beides benötigen wir, wenn wir Dingen und Situationen auf den Grund gehen wollen, indem wir den Hintergrund ihres WAS-Seins, das sich uns als „Phänomen“ zeigt, auszuleuchten beginnen. Anders gesagt: Das individuell erscheinende „Was-Sein“ — eines „Linksterrorismus“, eines „Rechtsterrorismus“, eines heutigen „Trumpismus“, der sog. „Impfgegner*innen“ und „Querdenker*innen“ — das nicht unterschiedlicher ausgestaltet sein könnte, birgt in seinen jeweiligen Strukturen doch eine gemeinsame „Wurzel“, eine gemeinsame Engführung hin zum Fanatischen, zum Surrealen und Irrationalen, zum verklärenden Romantischen einer ideologischen „Filter-Blasen-Welt“, eine rein persönlich aufgelagerte Meta-Wirklichkeit ab-seits der allgemeinen, faktischen Realität.

 

Einstieg

Im Werk von Karl Jaspers findet sich der philosophische Leitgedanke vom „Gesetz des Tages und der Leidenschaft zur Nacht“ (vgl. Karl Jaspers: Philosopie Bd. III, Metaphysik, S.102ff.). Der dazugehörende kulturelle Hintergrund entstammt ursprünglich der jüdischen Gedanken-Welt.

 

Exkurs: tragende, zugrunde liegende Struktur — austauschbarer Inhalt

Nehmen wir diesen antinomischen Gedanken als Ausgangspunkt für die nachfolgenden Darlegungen. Zur Verdeutlichung des Abstrakten ein erstes „Bild“: „Gesetz“ und „Leidenschaft“ verhalten sich zueinander, wie das menschliche Skelett und das Fleisch. Das Skelett gibt dem Menschen seinen „Halt“, seine körperliche Grundstruktur, seine relative Größe oder Kleinheit. Das Fleisch jedoch entscheidet über des Menschen „Form“, seine individuelle Gestalt. In Übertragung: Ein „Gesetz“ im ethisch-moralischen, im sozio-politischen Sinn, schafft strukturierte, allgemein-gültige Ordnung des Zusammen-Lebens. Wer nach übergeordneten Gesetzen (wie Tugenden, ideellen Werten, etc.pp.) strebt und lebt (z.B. Verhaltens-Codex), konkretisiert diese durch sein Verhalten als gemeinsamen Lebens-Raum. Gelebte ideelle Werte als existentielle — wie Treue, Wahrhaftigkeit, Redlichkeit, Mäßigung, etc.pp. — ermöglichen eine „positive“, auf „Wahrheit“ beruhende Lebens-Gemeinschaft. „Ut unum sint!“ Sie sind die Bedingung der Möglichkeit für „echte“, authentische Beziehungen von Mensch zu Mensch, d.h. ohne Falschheit, ohne Hinter-Gedanken, ohne Verschlagenheit, ohne Doppelgesichtigkeit, kurz: ohne Lebens-Lügen. Gesetze setzen „Normen“ und diese ermöglichen die relative Freiheit aller, die nach diesen Verhaltens-Normen zusammen leben. Das „Gesetz des Tages“ erhellt alles — es sei, was immer es sei: ein Haus (siehe Beispiel im folgenden Beitrag: „Architektur der Transparenz“), eine Sitte, ein Verhalten, eine menschliche Existenz — was es strukturiert. Es ist der Kern eines freien, Menschen-würdigen Lebens als „Existenz“ (Jaspers-Terminus).

Leidenschaft gleicht dem Fleisch. Denn Leidenschaft erzeugt eine rein persönliche, egoistische Ordnung nach eigenem, emotionalem „Maß“. Das können sowohl tugendhafte Werte sein, etwa eine übersteigerte Vorstellung von „Gerechtigkeit“ (vgl. marx.-lenin. Vorstellungen von ‚Gerechtigkeit‘), oder „fanatische Wahrheitsliebe“ (vgl. McCarthy-Tribunale von 1947-56; J. Edgar Hoovers FBI, ab 1946), als auch dogmatischer, fundamentalistischer Glaube (vgl. Christentum der Kreuzzüge, die innerchristlichen Konfessionskriege der Neuzeit; den heutigen, extremen Islamismus). Im Umfeld der hier zu beschreibenden narrativen Toxikologie werden es jedoch zumeist „umgewertete Werte“ sein, also ehemals positive Werte, die im Prokrustesbett einer dogmatischen Ideologie „auf Linie gebracht“, also zwecks Propaganda und Indoktrination zunächst umgedeutet und sodann dogmatisch um-gewertet werden. Hier ist die engführende Ideologie mit ihrem Absolutheits-Anspruch das tragende „Skelett“. Die um-gewerteten Werte, transportiert in politisch-toxischen Narrativen, gleichen dem „Fleisch“. Diese Umwertung bewirkt faktisch einen gewollten Ausschluss einzelner Mit-Menschen bzw. einzelner Gruppen der Gesellschaft (in linken Narrativen z.B. „der Kapitalist“, „der Ausbeuter“, „der Konterrevolutionär“, etc.pp.; und gespiegelt hierzu in der Diktion der heutigen Rechtsextremisten, der sog. „Neuen Rechten“: „der Fremde“, „der Flüchtling“, „der Moslem“, „der Jude“, „die politische Elite“, etc.pp.). Zugleich konstruieren diese „Werte“ gepaart mit dem „Pathos der Leidenschaft“ ideologische Topoi wie etwa „den charismatischen Revolutionär“, „den heroischen Kämpfer für die gute Sache“, „den edlen Kommunisten“ (linkes Spektrum); gespiegelt hierzu „den allmächtigen, sakrosankten Führer“, „das reine arische Volk“, „den nationalsozialistischen Übermenschen“, etc.pp. im rechtsextremen Spektrum. Wir sehen schon an dieser Stelle ein erstes Paradoxon: Als Gegen-Entwurf zu den eigenen verwendeten Feind-Bildern finden sich „Eliten“ im Selbstverständnis einer jeden dogmatischen Ideologie — man benennt und bewertet sie lediglich mit anderen Begriffen. Faktisch jedoch handelt es sich in beiden „Lagern“ um eine absolut beanspruchte Deutungs-Hoheit hinsichtlich der ideologischen „Realität“ sowie einen gewaltsamen, unterdrückenden Ein- bzw. Ausschluss, der das allen gemeinsame, frei-willige Zusammenleben un-möglich macht, da er auf Spaltung der Gesellschaft sowie auf die Vernichtung der geltenden Ordnung ausgelegt ist. Leidenschaft zur Macht und Irrationalität eines Fanatismus kennzeichnen als Grund-legende Struktur alle Formen von Diktaturen — unabhängig von deren politischen Inhalten und ideologischen Vorzeichen. Dieses gemeinsame „Band“ reicht von unseren Tagen (vgl. die modernen Diktaturen unter der Ägide Russlands, der moderne apotheotische Personenkult Chinas, der anti-demokratische „Gott-Kult“ des Trumpismus, der Führer-Kult der Neuen Rechten, etc.pp.) bis weit zurück in die Tyrannis der Antike.

 

Wenden wir diesen Gedanken von „Gesetz“ versus „Leidenschaft“ auf das politische Konstrukt sowie die Struktur einer „Demokratie“ als Staatsform an. So folgt als „Gesetz des Tages“ daraus, dass ihre „Verfassung“ (z.B. „Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland“) und hierauf basierend die staatliche Verfasstheit, auf einem komplexen Geflecht wechsel-seitiger Beziehungen sowie Bezügen beruht. Dieses Geflecht aus „Artikeln und Paragraphen“ regelt einer-seits das Zusammenleben der Bürger*innen mit-einander und anderer-seits die Rechte und Pflichten des demokratisch verfassten Staates sowohl im Außenverhältnis zu anderen Staaten als auch das Binnenverhältnis zum „Volk“, zur „Gesellschaft“, zum „Individuum“. Der Einzelne genießt sowohl den Schutz des Staates in vielerlei Hinsicht — der Preis für diesen umfassenden Schutz ist allerdings, dass Bürger*innen sowohl untereinander als auch gegenüber dem Staat „Pflichten“ zu erfüllen haben. Um es salopp zu formulieren: Nur Gottes Gnade wird gratis gewährt — alles andere im menschlichen Zusammenleben hat seinen Preis, entweder ideell (z.B. als wechsel-seitiges Beziehungs-Geflecht von „Geben und Nehmen“), oder aber materiell (z.B. als ökonomisch bedingte Abhängigkeiten von bezahlter Leistung, Gelderwerb und Konsum). Denn erst aus der gelebten Eigenverantwortung des Einzelnen im Zusammenspiel mit staatlichen Regeln und „Bürgerpflichten“ erwächst die mögliche, wenn auch nur relative, persönliche Freiheit aller Bürger*innen. Absolute Freiheit ist ein utopisches Konstrukt, das nur in politischen Utopien nicht jedoch in der allgemeinen faktischen Realität seinen „Ort“ hat. Der Staat seiner-seits garantiert diese Freiheiten als „verbriefte Freiheiten“ in gesetzlich formulierten Grenzen — etwa durch Art. 1,1 sowie Art. 79,3 GG. Der Staat wahrt auf diese Weise sowohl seine „Nähe“ zu den Bürger*innen als auch seine selbstauferlegte „Distanz“, etwa, indem er die Privatsphäre des Einzelnen vor staatlichem Zugriff weitestgehend schützt. Freiheit des Einzelnen, Wahrung von Nähe wie auch Distanz des Staates, sind beides „Ewigkeitsaufgaben“, d.h. sie sind niemals als Bestand fertig gegeben, sondern müssen durch unser aller tagtägliches Verhalten aktiv „ins Leben herein-gerufen“ werden. Der „Ruf der Freiheit“ ergeht als Appell sowohl an den Einzelnen und ist gleichzeitig „unabschließbare Aufgabe aller staatlichen Gewalt“. Rechte und Pflichten sollen sich hierbei möglichst die Waage halten. So ließe sich der philosophische Gedanke „Gesetz des Tages“ in einer Übertragung auf unsere freiheitlich-demokratische Verfassung anwenden sowie hinsichtlich unserer offenen-pluralistischen Gesellschafts-Ordnung interpretieren.

 

Wie ließe sich nun der zweite Teil des Gedankens, die „Leidenschaft zur Nacht“, im thematischen Feld der „Demokratie“ am besten charakterisieren?

Nun, zunächst einmal, dass es Leidenschaft ist. Ein sehr starkes, mithin aber auch desaströses Gefühl, das sich aus unterschiedlichsten emotionalen Quellen aber auch aus unseren persönlichen Abgründen, unseren „Schattenseiten“, unseren inhärenten „dunklen Mächten“, speist. So kann Sport als ein Massenspektakel bei den Zuschauer*innen, den „Fans“, die Emotion der Leidenschaft auslösen (man denke z.B. an Fußball-Spiele oder Formel I-Rennen). Sport kann aber auch selbst eine „Passion“, eine Leidenschaft, sein (man denke z.B. an Sportarten wie Freeclimbing, Wildwasser-Kanuing, Basejumping, u.v.a.m.). Aber auch politische Ideen können zur Leidenschaft, zur „Obsession“, zur „Bessenheit“, mutieren. Dann bewegt sich dieser Mensch im weiten Feld seines unstillbaren, alles Erreichbare zerstörenden Hasses. Sein geistiges Auge ist geblendet; seine Seele vergiftet; seine innere Haltung fanatisch. Seine Handlungen werden folglich zersetzend, destruktiv, mithin mörderisch-ruinös sein. Wer der „Leidenschaft zur Nacht“ dient, oder ihr wie islamistische „Märtyrer“ sogar „sein Leben weiht“, und hierin seine persönliche Erfüllung erblickt, weil er seinen Lebens-Inhalt sowie Lebens-Sinn darin wähnt, der wird sich wie alle „Radikale“, „Extremisten“, „Terroristen“ einer-seits aus der Gemeinschaft der Bürger*innen separieren — seine Haltung ist ein „…ohne mich!…“. Und er wird zudem, je nach Grad seiner existentiellen Verwahrlosung, sowohl diese Mit-Menschen als auch den demokratisch verfassten Staat als Hass-Objekt attackieren. Denn fanatischer Hass ist zu seiner „existentiellen Leitschnur“, zu seinem „Wegweiser“, geworden, der all sein Denken, Fühlen und Handeln als absolutes Maß bestimmt. In der „Leidenschaft zur Nacht“ ist ein solcher Mensch sich selbst und allen/allem Anderen ein „Fluch“ denn zum Segen geworden. Dass die politischen (religiösen) Inhalte dieser „Nacht“ beliebig austauschbar sind, das soll dieser dritte Hauptteil „erhellen“ (Jaspers-Terminus).

 

Nehmen wir zur Verdeutlichung des bisher abstrakt Gemeinten ein weiteres, prägnantes „Bild“ zur Hilfe und spiegeln „Gesetz“ und „Leidenschaft“ in den Bereich der Architektur: Wohl jeder kennt das „Burj Khalifa“ mit seiner markanten Silhouette aus Stahl und Glas, seiner lichtdurchfluteten, räumlichen Transparenz. Dieses Gebäude ist in seiner Struktur real gewordene Gesetzmäßigkeit. Es soll uns als Symbol des „Gesetzes“ dienen. Ihm entgegen-gesetzt die mythische Position des „Turmbau zu Babel“ (Bibel, AT, Genesis, 11,1-9), das uns als Symbol menschlicher Hybris einer „Leidenschaft zur Nacht“ dienen soll. Beide Gebäude transportieren eine „Wahrheit“, die jedoch wesentlich unterschiedlicher Qualität ist.

Das real existierende Gebäude des „Burj Khalifa“ in Dubai gilt zur Zeit als das wohl höchste Gebäude der Welt. Es wurde „Gestalt“, „Form“ und Realität, weil verschiedene Teams aus Architekten, Ingenieuren, Handwerkern, etc.pp. all ihr Können und Sachwissen in dieses eine Projekt einfließen ließen. „Form follows Funktion“, ein Design-Prinzip, das Louis H. Sullivan und Frank Lloyd Wright für die „Skyscrapers“ Amerikas mustergültig definierten. Diese funktionalen Gebäude wurden noch in einer sog. „Skelettbauweise“ errichtet, wodurch ihre Oberflächen zumeist als Rechtecke — Stock für Stock, Fenster für Fenster — erschienen. Heutige Architekten und Baudesigner betrachten das Burj Khalifa „mit anderen Augen“ als etwa ein Tourist, der von der schieren Gebäudehöhe im Wüstensand, der funkelnden Glasfassade, dem goldenen Reichtum des Inneren, u.v.a.m. zutiefst beeindruckt ist. Sein Staunen beruht ausschließlich auf ästhetischen Gesichtspunkten und Kategorien, auf dem Sichtbaren, dem Oberflächlichen, dem ausgestalteten Da-Seienden. Das Staunen der Architekten jedoch beruht auf unsichtbaren Material-Eigenschaften, den Umwelteinflüssen, der Bodenbeschaffenheit, der Formbarkeit heutiger Glasschmelzen für die Fenster-Fassade, etc.pp. — tausenderlei einander bedingender, wechsel-seitig wirkender Faktoren — sowie deren präzisen Berechnungen. Denn keine Strebe, nicht das winzigste Materialteilchen des gigantischen Gebäudes fand seinen Ort, seinen Platz im Ganzen, ohne zuvorige Berechnung des Architekten-Teams. Form und Gestalt des Burj Khalifa, seine maximal erreichbare Höhe — all dies ist das Ergebnis einer präzisen Wissenschaft. Völlig anders als beim Kathedralenbau des Mittelalters im 11./12. Jahrhundert, als teilweise eher noch Gottes-Furcht und Gott-Vertrauen der alten Bauhütten-Meister die Höhe und Breite des aufstrebenden Gebäudes ermöglichten. Damals, als die gedrungene, bodennahe Form der sog. „Romanik“ von der himmelwärts strebenden, filigranen Form der sog. „Gotik“ abgelöst wurde. Heute haben „Glauben und Meinen“ in einem modernen Architektur-Büro keinen Platz noch gedanklichen Spiel-Raum mehr. „Visionen der Baukunst“ werden zu realen Bauwerken kraft wissenschaftlicher Formeln. Die Moderne der Architektur ist die präzise Wissenschaft des Machbaren, des Menschen-möglichen Erreichbaren innerhalb der Welt der Materialien. Sollten die benötigten Materialien nicht zu Handen sein, so werden sie ggflls. erfunden. Die umsetzende Ausführung heutiger Hochhaus-Architektur geschieht nach Maß und Gesetz eines Herstellbaren (Fertigungs-Technik, Material-Eigenschaften), eines Zusammenfügbaren (Logistik, Statik), eines Aufrichtbaren (Bauingenieure, Gewerke, Kolonnen von ausführenden Hochbauspezialisten). Insofern entspricht und ist das „Burj Khalifa“ eine strukturelle Kathedrale des heute baulich Machbaren, ein Symbol wirtschaftlicher Prosperität, eine „absolute Immanens“ aus Stahl, Beton und Glas. Das „achitektonische Gesetz“ ist seine formale Wahrheit. Der heutige Mensch als Baumeister baut, was er zu berechnen vermag. Die Material-Eigenschaften des Bauskeletts folgen (un-)sichtbaren Strukturen; das ist das Gemeinsame aller „Wolkenkratzer“. Ihre unterschiedliche Form, ihre Gestalt, ihr sichtbares Äußeres, verdeutlicht hingegen die Variations-Breite einer menschen-möglichen Bau-Struktur und anwendbarem Material, das sich wie eine transparente „Haut“ über das Bau-Skelett legt. In ihrer funktionalen Gesetzmäßigkeit gleich, unterscheiden sich optisch das Burj Khalifa (Dubai) vom Shanghai Tower (Shanghai), dieser von den Petrona Towers (Kuala Lumpur) und diese wiederum vom ehrwürdigen Empire State Building (NYC), etc.pp. . „Gesetz des Tages“ — lichte Höhe, lichte Weite: offener Horizont.

Sowohl bei den ideologischen, toxischen Narrativen als auch bei den Gebäuden gilt: Es gibt eine grundlegende, verborgene, alles tragende Struktur, die einander ähnelt, sowie ein sich unterscheidendes Äußeres, das von dieser Struktur kolportiert bzw. getragen wird.

 

Ganz anders die Wahrheit einer Sage, einer Geschichte, eines religiösen oder auch politischen Mythos. Die Wahrheit des biblischen Turmbaus liegt gerade nicht in seiner wissenschaftlich beweisbaren Historizität, dies wäre ein Sonderthema der „experimentellen Archeologie“. Vielmehr ver-birgt sich diese Wahrheit zwischen den Worten und Zeilen des lesbaren Textes. Die Wahrheit des Mythos birgt einen existentiellen Appell an das jeweilige Mensch-Sein des Lesenden. Was liest er heraus, was hinein? Lesen ist in diesem Fall eine lebendige Kor-Respondenz zwischen dem gedruckten/digitalen „äußeren Wort“ sowie dem „inneren Wort“ als Antwort einer assoziativen inneren Wirklichkeit. Gelingt es dem Lesenden, über das Symbol des Turm-Baues zum Wesentlichen, dem Dialog zwischen Immanenz und Transzendenz, voran-zu-dringen? Vermag er seine eigene „Nacht“ zu erhellen und seinen Egoismus als solchen zu erkennen und vor allem: anzuerkennen? Gelingt es ihm, aus dem Schattenhaften seiner existentiellen Dunkelheit hinaufzusteigen und seinen Geist „sonnenhaft“, „hell und klar“ werden zu lassen? Und hier schließt sich nun der Gedanken-Kreis: Gelingt es diesem leidenschaftlichen, dogmatischen „Menschen der Nacht“ — dessen Lebens-Inhalt es ist, Verwirrung zu stiften, Zwietracht zu säen, Spaltung voranzutreiben, Angst und Schrecken zu verbreiten — sich selbst politisch „umzukehren“, sein eigenes Schicksal, das womöglich fanatische Ideologie geworden ist, umdenkend letztlich zu wenden…—? Denn Extremisten, Fanatiker, Terroristen stehen in ihrer „Leidenschaft zur Nacht“ unter ihrem eigenen Gesetz. Und bei allem kurzfristigen Erfolg, den sie für sich verbuchen können, impliziert dieses  Gesetz letztlich ein Scheitern — an der faktischen Realität. Wird dieses Gesetz dennoch als absolute Forderung wahr-genommen, kommt es zur Katastrophe: entweder zu Morden wie beim Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hepdo, 2015; oder aber zu Selbst-Morden wie im Falle Baader, Ensslin, Raspe, 1977.

Es sind letztlich existentielle Fragen an jeden von uns, die in unseren politischen Überzeugungen unausgesprochen und ungesagt, mitschwingen. „Leidenschaft zur Nacht“ sind all jene menschlichen Aspekte, die die „dunklen Seiten“ unserer Persönlichkeit strukturieren und manifestieren. Als Bilder des „Feindes in uns“ gelangen sie in unser Tages-Bewusstsein, nehmen Gestalt und Aussehen für uns an. Sie werden als Leidenschaft des Hasses sowohl zum „Motiv“ als auch zur Motivation unserer Taten. Zwischen den Polen der „Leidenschaft zur Nacht“ und dem „Gesetz des Tages“ ist unsere Existenz ausgespannt. Und so sind es mitunter „letzte Fragen“, die ein Mythos als „das in seinem Sagen Ungesagte“ an unsere Existenz zu richten vermag.

 

Steigen wir in linksterroristische Narrative, Positionen und Mythen ein und geben zunächst, wenn auch nur skizzenhaft, einen ersten historischen Einblick. Dies erscheint angebracht, da die Epoche des militanten Linksterrorismus, obschon sie gerade erst zwei Generationen zurückliegt (frühe 1960er bis späte 1980er Jahre) und somit dem eigenen Erinnern durchaus noch zugänglich sein sollte, doch gesellschaftlich dermaßen anders aufgelagert war, als jene Zeit, die wir Heutigen als die unsrige täglich erleben.

Dem politisch Interessierten stehen eine Fülle von seriösen Quellen sowohl im Internet als auch von Fach- und Sachliteratur zum Thema zur freien Verfügung, so dass er sich den politisch-historischen Horizont der Gesamtthematik leicht selbst erarbeiten kann.

 

 

Quellen und Verweise in der Reihenfolge ihrer kontextlichen Nennung

 

Bundeskriminalamt, Politisch Motivierte Kriminalität — links —, PMK

https://www.bka.de/DE/UnsereAufgaben/Deliktsbereiche/PMK/PMKlinks/PMKlinks_node.html

 

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, GG

https://www.bundestag.de/gg

 

Burj Khalifa, Dubai

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_h%C3%B6chsten_Hochh%C3%A4user_der_Welt

 

die weltweit höchsten Hochhäuser

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_h%C3%B6chsten_Hochh%C3%A4user_der_Welt