19. April 2011. Nach meinem Rundgang in Jaca. Es wird Zeit. – Ich gehe zur Herberge zurück. Helen ist schon anwesend. Sitzt am Boden und hat die Augen geschlossen. Ruht in sich. Spricht mich jedoch jetzt an. Helen kommt aus Melbourne in Australien. Es ist ihr erster Pilgertag heute. Helen möchte nur bis Burgos wandern und muss dann nach Hause zurück, weil sie nur wenig Urlaub hat. Sie arbeitet in der Universität von Melbourne. Ich erkläre, dass ich im Altersruhestand bin und keine zeitliche Beschränkung für meinen Pilgerweg habe, was wir Beide als großes Geschenk ansehen.
In meinen Reiseplanungen hatte ich auch den Besuch des Kloster San Juan de la Peña einbezogen. Den damit verbundenen Umweg wollte ich in Kauf nehmen. Ich erzähle Helen von meinen Plänen. Ein Leuchten geht über ihr Gesicht. Sie hat das gleiche Ziel. – Prima, dann gehen wir doch zusammen!
Das Refugio in Jaca – eine wahre Edelunterkunft
Jetzt kommt die Hospitalera (weibliche Herbergsmutter). Das Refugio öffnet. Es handelt sich um eine wahre Edelunterkunft. Blitzsauber. Neu renoviert. Getrennte Duschgelegenheiten. Eine gut ausgestattete Kochküche. Eine Waschküche. Zwei Internetanschlüsse. Ich bin platt, checke ein, habe freie Bettwahl. Ich nehme das hinterste Bett, direkt am Fenster. – Ja das fängt ja fabelhaft an! In Nullkommanix erledige ich die Dinge die nach der Ankunft eines Pilgers zwangsläufig fällig sind. (Bett herrichten, Rucksack auspacken, duschen, Wäsche waschen, Wäsche aufhängen usw.). Zwischenzeitlich hat sich das Refugio bereits gefüllt. – Hoppla, ich bin der einzige männliche Bewohner!
Helen wuselt schon herum. Winkt mich heran und stellt mich einer herben Schönheit vor. Einer Baskin. Eine dritte Person, eine kleine Spanierin schließt sich an. Helen erklärt, dass wir zu Viert, mit dem Taxi, zum Kloster San Juan de la Peña fahren werden. Cleveres Mädchen. Wurde ich gefragt? Ich stelle fest, dass Helen perfekt spanisch spricht und bin sehr beeindruckt. Natürlich stimme ich zu. Die stolze Baskin spricht mich auf Spanisch und dann in Englisch an. Voller Entrüstung wendet sie sich verächtlich von mir ab. Mit einem Pilger der nur seine Muttersprache spricht, will sie wohl nicht zusammenstehen. Mit so Einem kann sie offenbar nichts anfangen. – Na dann eben nicht.
Pilgermenü und Konversation
Mein Magen knurrt. Ich habe auf meinem Rundgang ein kleines Restaurant entdeckt das ein Pilgrim-Menú, ein Pilgermenü, anbietet. Es liegt nur um die Ecke. Man will mein Credencial, meinen Pilgerausweis sehen. Ja Herrschaften – hier steht ein waschechter Pilger, mit einem Loch im Bauch, das sieht doch ein Blinder. Ich stelle überzeugend mein Unverständnis dar. Na dann, man verzichtet gnädigst auf den Pilgernachweis. Ich bin anerkannt! Das Menü ist lobenswert und das Bierchen dazu mundet ausgezeichnet. – So lässt es sich leben!
Helen fängt mich ab, als ich in das Refugium zurückkehre. Sie sitzt am Computer macht sich im Internet nochmals über das Kloster San Juan de la Peña schlau. Clever, wie ich schon sagte. Dann unterhalten wir uns über den Computer mit Hilfe des Translator-Programms. Geht prima. Clever – aber das sagte ich ja bereits!
Das Refugio verfügt über einen großen Aufenthaltsraum. Hier stöbere ich in den Bildbänden die zur Verfügung stehen, trage mich in das Gästebuch ein, schreibe meine Tageserlebnisse nieder. Ich freue mich auf den morgigen Tag. Bin richtig glücklich, so vollkommen problemlos an ein Reiseziel zu kommen, das ich schon lange auf meiner Wunschliste habe.
Die stolze Baskin schaut rein, sieht durch mich durch. Muss ich mir Gedanken machen? Die Französin von heute Morgen, jetzt die Baskin. Ach Mädels – ich bin auf Pilgerschaft und nicht auf Brautschau. Macht ihr ruhig Euer Ding, ich brauche Euch nicht. Mein Ziel heißt Santiago de Compostela, sonst nichts. – Fertig!