Leviatha Totgehasst


Umschlag, Illustration: John Steven Konstantin

 

Leviatha Totgehasst

© 2018 by Le. Alex Sax

 

Grüezi, liebe Leser!

 

Darf ich Ihnen eine schweizerische Gegebenheit vorstellen?

Das deutsche scharfe »ß« schreiben wir anders, nämlich mit einem «Doppel-s». Als Schweizerin habe ich diese länderspezifische Schreibweise beibehalten und hoffe, Sie damit nicht zu verwirren.

Viel Spass mit der Kurzgeschichte!

Ihre

Le. Alex Sax

 

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Die Stimme

«Rosie, ich bin in deinem Kopf», flüsterte die Stimme. «Glaubst du das nicht? Fehlt dir der Beweis? Was möchtest du wissen?»

«Dich gibt es nicht!», japste Leviatha Rosa Zitterli. «Geh weg, sonst sperren sie mich ein!»

«Ist es deine Angst vor der Wahrheit? Willst du sie erfahren, die Realität hinter dem Professor!»

«Du weisst etwas über den Boss?», neugierig geworden setzte sie sich hin. Vielleicht gehörte der Doktor zu denen, die sie verfolgten! «Gut, erzähle es mir!», antwortete sie, in der Hoffnung, sich retten zu können.

 

Totgehasst

Prof. Dr. Michael von Wartenburg sassgelöst am Schreibtisch. Heavenhatte Wort gehalten. Sie retteten sie buchstäblich in der letzten Sekunde! Zärtlich streichelte er das Bildnis seinerGemahlin Isabella.

Sie, die schönste Frau, die er je getroffen hatte und die kapriziöseste dazu. Er verfiel ihr vom ersten Augenblick an. Sie, seine Seelenverwandte, die ihn am Atmen hielt.

Warum konnte Jürgen sie nicht in der gleichen Weise sehen? Der Sohn hasste die Mutter aus tiefstem Herzen. Auf ihren Wunsch musste er ein Internat in Frankreich besuchen. Der Junge durfte lediglich in den Sommerferien nach Hause, wo ihn ein Kindermädchen davon abhielt, die Mama zu belästigen. Diesen Umstand hatte er ihr nie verziehen. Im Erwachsenenalter brach er den Kontakt endgültig ab, weil er ihre Kälte nicht weiter ertrug.

Michael seufzte, denn er wusste, Isabella war unfähig, Wärme zu geben. Sie gebar den Wurm nur aus Erbgründen, um ihre Pflicht zu tun. Danach wurde das Baby zur lästigen Randerscheinung.

Der Arzt legte zitternd das Foto auf den Tisch. Hätte er eingreifen, sich für den Sprössling einsetzen sollen? Das schlechte Gewissen forderte durchaus Tribut, dennoch liess ihm die Karriere keine Zeit. Er übergab Isabella die Erziehung, wohlwissend, dass Jürgen damit faktisch aus der Familie verstossen wurde.

 

Der Professor nahm nachdenklich die gelieferten Unterlagen in die Hand. Es handelte sich um die Daten der Leiche, deren Name und Geschlecht fehlten. Es wirkte wie ein Wunder, dass alles so exakt übereinstimmte. Das gab es nicht oft.

Seine Gedanken drehten sich wieder um Jürgen. Der egoistische Umgang mit dem eigenen Kind kostete Isabella beinahe das Leben. Sie litt lange unter ihrerKrankheit, stand kurz vor dem Tod. Selbst er, der Leiter einerder grössten Kliniken des Landes vermochte ihr nichtzu helfen. Jedenfallsnichtauf legalem Weg. Jürgen hätte sie als Einziger retten können. Selbstverständlich lehnte er das Ansinnen mit harten Worten ab.

Dr. von Wartenburg griff nach dem teuren Whisky, den er für besondere Gelegenheiten aufbewahrte. Er wusste, dass Jürgen genau das gewollt hatte. Sie sollte krepieren, wie er das nannte. Aber sein Wunsch erfüllte sich nicht.

Lächelnd nippte Michael an der goldenen Flüssigkeit. Er liebte den Sohn auf seine Art, doch dass dieser Isabella sterben lassen wollte, konnte er ihm nicht verzeihen.

 

Das verlockende Angebot der Firmengruppe Heavenkam drei Wochen zuvor in Form eines Telefonates in sein Büro. Danach ging es sehr schnell. Er traf dieLeute und erteilte, ohne nachzudenken, den Auftrag. Vier Tage später, nachdem er einehorrende Summe bezahlt hatte, holten sie Isabellamitten in der Nacht ab. Das war gestern! Die Aktion verlief planmässig. Er erinnerte sich, wie er angsterfüllt hinter dem davonfahrenden Wagen hersah. Sie fanden offensichtlich einen Spender. Würde es funktionieren?

Heute Morgen um neun Uhr erhielt er den erlösenden Anruf. Das Unfallopfer passte perfekt. Die Firma Heavenversicherte zudem glaubhaft, dass das Fehlen der Niere, den Angehörigen der verstorbenen Person nicht auffallen werde, da die Leiche durch den Unfall übel zugerichtet gewesen sei.

 

Der Professor erhob sich, wanderte beseelt ans offene Fenster. Die Natur leuchtete in den fröhlichsten Farben, die Vögel in den Bäumen schienen zu jubilieren. Der Wind wirbelte die Blätter wild in der Luft herum, um sie dann sanft auf den Boden gleiten zu lassen. Nie erschien das Dasein schöner als jetzt. Isabella kehrte bald gesund zu ihm zurück. Die Gewissheit erlöste Michaels Seele von dem Gedanken, seine Frau für immer verloren zu haben.

Plötzlich flatterte ein kleiner Piepmatz auf das Sims. Er starrte ihn mit grünen Augen an. Merkwürdig, sogar das Tier betrachtet mich anklagend, dachte er irritiert und verscheuchte das Federvieh ärgerlich.

Ein Auto, welches auf den Parkplatz der Klinik einfuhr, lenkte ihn ab. Zwei Männer entstiegen rasch dem Fahrzeug, um zum Empfang zu marschieren.

Dr. von Wartenburgstraffte entschlossen die Schultern. Es musste die Polizei sein. Er fand es erstaunlich, dass die Behörden so schnell vor der Tür standen. Aber das beeindruckte den Mediziner nicht. Sie konnten nichts beweisen, das wusste er. Die illegal erworbene Niere rettete Isabella das Leben. Doch auch das würden sie niemals erfahren, dafür hatte er gesorgt.

 

Einige Minuten später liess die Sekretärin die Herren eintreten. Es handelte sich tatsächlich um Kriminalbeamte. Der Klinikleiter trat ihnengefasst entgegen, während er die vorbereitete Story, die die Organfirma für diesen Fall gefertigt hatte, im Kopf nochmals durchging.

Lächelnd begrüsste er den unerwünschten Besuch mit dem Wissen, dass Heavenperfekt arbeitete!

Fortsetzung folgt