KRIEG
aus:
Thomas Berger, Im Schatten unserer Tage. Betrachtungen
Nordstrand 2023, S. 12, 13.
Im Krieg verschwistern sich eiskalter Verstand und überhitztes Gefühl.
*
Aus der römischen Antike ist ein geflügeltes Wort tradiert, das, verschiedentlich abgewandelt, bei mehreren Autoren anzutreffen ist, so bei Marcus Tullius Cicero, Publilius Syrus und Titus Livius. Es betrifft das Problem von Krieg und Frieden. Die bekannteste Wendung lautet: „Si vis pacem, para bellum“ – wenn du Frieden willst, rüste zum Krieg. Die Spruchweisheit entwickelte sich mutmaßlich aus Worten des Publius Vegetius Renatus, der in seinem kompilatorischen Werk über das Kriegswesen schrieb: „Qui desiderat pacem, praeparet bellum“ – wer Frieden wünscht, soll den Krieg vorbereiten. (Epitoma rei militaris, 3, prolog.) Der überlieferte Ausspruch kann auch unabhängig von der politisch-militärischen Ebene verstanden werden, nämlich im Zusammenhang mit persönlichen Beziehungen im privaten oder sozialen Bereich. Wer den „Krieg“ mit anderen ausschließt, muss damit rechnen, nur einen faulen „Frieden“ zu erhalten, welcher, genau besehen, nicht Frieden genannt zu werden verdient; denn „um des lieben Friedens willen“ muss stets einer der Beteiligten auf die Durchsetzung seiner Interessen verzichten. Echter Frieden dagegen setzt die wechselseitige Anerkennung der Gleichwertigkeit voraus.