Karwoche — Von der Wüste
16.03.2016
In den biblischen Texten
ist die Wüste
der Ort
der menschlichen Prüfungen,
der Versuchungen,
der reinigenden Stille,
ein Ort
der inneren Umkehr,
ein Ort
der Visionen,
ein Ort,
der Klar-Sicht,
der in der Reduktion des Fastens
die spirituelle Apo-Kalypse
ermöglicht.
Das heißt:
in der Zurück-Führung
auf Wesentliches
wird der verhüllende Schleier der Maja,
werden die verstellenden Vorstellungen,
von unserem „geistigen Auge“
zur Seite gezogen,
so dass wir
entweder
ein profan Gutes, Wahres, Schönes,
oder aber
ein spirituell Heiliges
schauen können —
apo-kalyptos.
Jesus, so heißt es,
ging für 40 Tage
in die Wüste,
um zu Fasten —
dort erlebte er beides:
die Versuchungen
und
seine spirituelle Gewissheit;
seinen inneren Zweifel
und
seine entscheidende Tat-Kraft.
Und wie alle Menschen
vor und nach ihm,
kam er als
ein anderer Mensch heraus,
als jener,
der in die Wüsten-Situation
hinein-gegangen war.
Sein weiterer Weg
ist christlicher Glaube.
In der Wüsten-Situation
wandelt sich
Jesus der Schreiner
zum
Christós, „Menschensohn“.
Das Geheimnis der persönlichen Wandlung
bleibt
der Wüste an-vertraut.
Das Geheimnis der spirituellen Wandlung
bleibt
der Eucharistie anvertraut.
Dort, in der Eucharistie,
wird das „Geheimnis des christlichen Glaubens“
von Tag zu Tag
durch alle Zeiten
weiter gegeben,
tradiert.
Wir Heutigen,
wir Menschen des Gigahertz-Zeitalters
einer virtuellen Cyber-„Realität“,
wir Menschen der totalen Kommunikation,
auch wir gehen freiwillig
in unsere Wüste
aus Hab-Gier und Macht
hinein.
Allerdings
erliegen wir
fast jeder beliebigen Versuchung,
auch kennen wir
keinen Zweifel
an unserer Hab-Gier
noch gibt es eine
Umkehr der Macht.
Ohne Halt noch Anhalt
gehen
wir „Postmodernen“
immer weiter und tiefer
hinein
in jene „Wüste“,
die wir geworden sind.
Und in unserer Wüstenei
stillen wir unseren Durst
an den Wassern der Lethe —
Vergessenheit und Verborgenheit wird uns
zur Folge.
In jeder Oase,
in jeder Karawanserei,
in der wir einkehren,
das selbe Ritual:
vor die freie Wahl gestellt,
weiter voran zu gehen,
oder aber
umzukehren,
anstatt unseres Fort-Schrittes
den Rück-Schritt
und damit
den Weg heraus
aus unserer Wüste
zu wagen,
lassen wir uns erneut
den „Becher des Vergessens“
reichen —
und ziehen
auf unserem Weg
weiter.
Immer weiter
so.
Mensch-Werdung,
Christ-Sein,
a-letheia
als Wahrheit,
als Unverborgenheit,
als Selbst-Erkenntnis —
als konkrete Erfahrung
sowohl des profanen
als auch des spirituellen
Lebens-Bereiches —
gelingt;
anders.