Johannes Chwalek: Unbeschwerte Stunden des Erzählens. Erinnerungen (Rezension)


Johannes Chwalek: Unbeschwerte Stunden des Erzählens. Erinnerungen. Stuttgart: Scholastika 2023, 154 S., 32 Abb., ISBN 978-3-947233-79-3, 14,00 €

 

Johannes Chwalek (* 1959), Autor regionalgeschichtlicher, didaktischer und belletristischer Literatur, ist an der Bergstraße kein Unbekannter. 2019 veröffentlichte er seinen autobiografischen Roman „Gespräche am Teetisch“, der in weiten Teilen am früheren Bischöflichen Knabenkonvikt Bensheim angesiedelt ist und bundesweit sehr anerkennend wahrgenommen wurde. Leserinnen und Leser der „Geschichtsblätter Kreis Bergstraße“ kennen ihn als Autor von Beiträgen in den Jahresbänden 2011 bis 2016, u.a. zum Bischöflichen Konvikt Bensheim.

2021 hatte der Autor einen Band „Skizzen eines Schachspielers“ mit sechs Erzählungen vorgelegt, deren Handlungen sich ebenfalls in der hiesigen Region abspielen.

Auch Chwaleks neueste Publikation „Unbeschwerte Stunden des Erzählens. Erinnerungen“ enthält viele Bezüge zu Bensheim. Auslöser war ein Besuch Chwaleks bei dem befreundeten Autor Thomas Berger (* 1952), der ihm sein Naturalienkabinett gezeigt hatte. Für den Gegenbesuch überlegte sich Johannes Chwalek, was er ihm präsentieren könne. Er führte den Besucher entlang seiner Bücherregale, die längst zum Museum geworden waren. So entstand die Idee zu diesem Buch.

Johannes Chwalek war von 1970 bis 1976 Schüler im Bischöflichen Konvikt Bensheim. Über einen Zeitraum von mehr als zwei Jahren besuchte er seinen Mentor Siegfried Schramm (1907–1985) in dessen Pensionärswohnung in der Bensheimer Rodensteinstraße 42, wo beide Gespräche führten über Philosophie, Religion und Literatur. Er erlebte in seiner Jugend „unbeschwerte Stunden des Erzählens“. Durch den Besuch Bergers erhoffte er sich eine Wiederholung der vor Jahrzehnten gemachten Erfahrung mit seinem Mentor aus dem Internat. „Meine Bücherregale sind nicht nur Bücherborde mit ordentlich aneinandergereihten Bänden, sondern enthalten Bilder, Fotografien, Erinnerungsstücke, Gipsplastiken, Zeichnungen usw. Im Grunde sind sie das Museum meines Lebens“ (S. 8). Chwalek nennt sein Arbeitszimmer wie zu Internatszeiten Studiersaal. Er sitze in ihm wie eine Spinne in ihrem Netz und betrachte seine sieben Bücherregale. Das Netz sei wohlig und umfange ihn und er fragt sich, ob er schon darin versinke. „Aber im Überschwange noch einmal vorm Vergängnis blühn“ (S. 12).

Der Band enthält sieben Kapitel, die jeweils nach den Regalen bezeichnet werden, also: „Erstes Regal“, „Zweites Regal“ usw.

Chwalek stellt die Bücher näher vor, gibt an, wo er sie gekauft hatte, in der Bensheimer Zeit in der Buchhandlung Kaulbach, oder wer sie ihm geschenkt hatte und welchen Stellenwert sie für ihn hatten. Auch die weiteren Lebensabschnitte, Geschwister-Scholl-Schule Bensheim, Studium in Mainz, Begegnungen mit früheren Lehrern und Professoren,  werden im Verlauf der Handlung dargelegt.

Johannes Chwalek ist der Chronist des Bensheimer Konvikts. Bereits 2008 veröffentlichte er die Internatsgeschichte „Drei Rektoren“. Er war der erste, der den sexuellen Missbrauch von Internatsschülern durch Rektor Franz Josef Thelen thematisiert hatte. Im „Vierten Regal“ stehen zwei große Flaschen, ein Geschenk des früheren Bürgermeisters von 1972–2002 und Bensheimer Ehrenbürgers Georg Stolle (1938–2020). Er wollte von Chwalek wissen, wie er Thelen als Schüler erlebt hatte. Stolle bekannte ihm gegenüber sein völliges Unverständnis über das Verhalten der Kirche, die die Stadt Bensheim nicht informiert hatte über die Bewährungsstrafe gegen Thelen. Im gegensätzlichen Fall wäre Thelen von der Stadt nicht zum Gründer und Leiter des Jugendzentrums ernannt worden. Selbstverständlich hätte er bei seiner Verabschiedung auch nicht die Ehrenplakette verliehen bekommen. „Was das Jugendzentrum anbelangt, wurde der Bock zum Gärtner gemacht“ (S. 98).

Johannes Chwaleks neue Publikation ist durch Zeichnungen von ihm angereichert.

                                                                                                Franz Josef Schäfer, Illingen (Saar)

 

Erstveröffentlichung:

Geschichtsblätter Kreis Bergstraße, Band 56 (2023), S. 287–289.