Jedes Volk hat die Regierungs-Form, die es verdient…,
nach Joseph Marie Comte de Maistre (1753-1821)
30.01.2025, Teil II
Aus gegebenem Anlass
Am vergangenen Montag, den 27.01.2025, fand in der Flörsheimer Stadtbücherei eine hochinteressante Lesung unseres Co-Autoren Johannes Chwalek statt. Herr Chwalek las u.a. aus seinem neuesten Roman „Saskia zu Besuch“ vor. Dieser gliedert sich in eine Rahmenhandlung, den Besuch einer Bekannten seiner Frau, sowie eine Binnenhandlung, die fiktive Geschichte des kleinen Ludwig, Schüler in einem katholischen Bensheimer Internat zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Die Fiktion wird jedoch mit historischen Fakten geschickt durchwirkt, dargestellt u.a. am damaligen Flörsheimer Bürgermeister Jakob Lauck (Amtszeit: 1902-1933), so dass ein realitätsnaher Kontext sowohl zur Vergangenheit als auch zur heutigen Zeit entsteht. Wie verändert ein völkisch orientierter Nationalismus die „Öffentliche Meinung“, wie werden aus bloßen Behauptungen „gefühlte Fakten“, wie werden Diffamierungen, Verleumdungen, Hass und Hetze ganz gezielt dafür eingesetzt, um aus „politischen Andersdenkenden“ „Volksverräter“ und „Volksfeinde“ zu machen? Wie vollzieht sich eine „Zeiten-Wende“ in der politischen Landschaft: weg von der „gesellschaftlichen Solidarität“, dem „gesellschaftlichen Zusammenhalt“, hin zur aktiven Ausgrenzung Einzelner bzw. ganzer gesellschaftlicher Gruppen; weg von einer allgemeinen Friedenspolitik, hin zur nationalistisch-völkischen Kriegspropaganda; weg von Argumenten und Fakten, hin zu verbalen Drohungen und Propaganda-Lügen; weg vom fundierten Wissen, hin zum ideologischen Glauben als einem quasi-religiösen Fanatismus? Wie konnte es 1914, 1933 zum euphorischen, völlig irrationalen „Hurra-Patriotismus“ kommen oder, wie gestern im Deutschen Bundestag geschehen, zur allgemein-gültigen Vorstellung von „Remigration“? In der Sache mitgetragen und inhaltlich geteilt von der CDU/CSU-Fraktion, jedoch auf die politische Agenda gesetzt und seither propagiert von der AfD-Fraktion mit ihrem rechtsextremistischen Gedankengut? Sind die sog. „Schnittmengen“ zwischen dem CDU-Kanzlerkandidaten, Friedrich Merz, und einer in Teilen als gesichert rechtsextremistisch geltenden Neonazi-Partei bereits so groß, dass dieser seinen Entschließungsantrag eines „5-Punkte Plans“ (offiziell: „Fünf Punkte für sichere Grenzen und das Ende der illegalen Migration“) mit den Stimmen der Neonazis in den Deutschen Bundestag einbringen konnte oder, schlimmer noch, dass sich Friedrich Merz gegebenenfalls von der AfD-Fraktion zum nächsten Bundeskanzler wählen lassen würde? Ein politischer Enkel Konrad Adenauers im „Land der Täter“; AfD-CDU/CSU-„Sourkraut Patriotismus“ oder doch mehr „sauerländischer Trumpismus“ (Karl-Rudolf Korte)? „Friedrich der Große“: Erneute Stärkung des deutschen Rechtsextremismus‘ mit nachfolgender „Machtergreifung 2.0“ unter aktiver Mithilfe der „konservativen Mitte“? Schauen wir nach.
Amerika
Die „America first!“-Bewegung und „Trumps own country“.
Die Zersetzung wenn nicht Zerstörung der Amerikanischen Demokratie nahm in der 1. Präsidentschaft Donald Trumps (2017-2021) ihre sichtbarsten Formen an. Ein Nicht-Politiker aus New York regierte das Land wie ein absolutistischer Herrscher bzw. wie ein Mafia-Pate. Zwar zählten noch immer Sachkompetenz in seinem Kabinett, mehr jedoch als Expertise zählte absolute, persönliche Loyalität. Zuletzt stand dieser Präsident de facto, nicht de jure, über dem Gesetz, obschon er im Nachgang immer wieder von verschiedenen (Bundes-)Gerichten verurteilt wurde, allerdings ohne jemals irgendwelche persönlichen Konsequenzen tragen zu müssen (so etwa für die Aufbewahrung staatlicher Geheimakten in seiner privaten Villa in Florida [Juni 2023], Schweigegeldzahlungen, u.v.a.m.). Sichtbarstes Zeichen dafür, dass Trump zuletzt über dem Gesetz stand, war sein initiierter „Sturm auf das Washingtoner Capitol“ (06.01.2021), als ein durch ihn fanatisierter, aufgehetzter Trumpisten-Mob Jagd auf „demokratische Politiker:innen“ machte. Eine gezielte Menschen-Jagd, die fünf Tote forderte, ohne dass Trump hierfür jemals zur Verantwortung gezogen geschweige denn für die Aufwiegelung zur Revolte verurteilt worden wäre. Doch damit nicht genug: als eine der ersten Amtshandlungen seiner zweiten Präsidentschaft, begnadigte er ausnahmslos alle Aufrührer, auch die Mörder des 06.Januars 2021.
Nun könnte man argumentieren, dass der Fehler bei der „politischen Mitte“ zu suchen sei, wenn die extremistischen Seiten in einer Gesellschaft erstarkten. Allein, dieses Argument übersieht hierbei, dass Populisten und Extremisten aller Couleur gar nicht argumentieren, sondern lediglich behaupten. Denn einem klassischen Argument würde zwingend ein unabhängig überprüfbarer Fakt zugrunde liegen. Populisten jedoch behaupten lediglich eine beliebige, meist unüberprüfbare, nicht beweisbare Gegen-Position, eine bloße persönliche Meinung, ein „Allgemeinplatz“, konträr zum „politischen Mainstream“ („…es gibt keinen Klimawandel…“), oder den „politischen Eliten“, mithin der gerade amtierenden Regierung („…die da oben sind Schuld daran, dass…; Trump über Biden: „…das ist die schlechteste Regierung aller Zeiten…“). Manchmal erschaffen sie sich eine eigene „Echokammer“-Wirklichkeit, wie im Falle der „Trumpisten“. Meist jedoch säen sie Zweifel an den gerade regierenden „politischen Eliten“, säen Neid auf „die da oben“, um fortan Schritt für Schritt in Richtung Hass und Hetze zu marschieren. Zuletzt bedienen sie sich der mantraartig wiederholten Propaganda-Lüge. In Trumps Fall etwa die Lüge von der „gestohlenen Wahl“ — verknüpft mit dem Hass gegen „Die Demokraten“. Es geht also schon lange nicht mehr um politische Fehler eines demokratischen Lagers, oder eine wie auch immer geartete demokratische Agenda, sondern, wie im Falle Trumps, um haltlose Behauptungen, Verhöhnungen, Bezichtigungen, Verleumdungen, Diffamierungen, Diskreditierungen, zuletzt, unmittelbar vor der Wahl 2024, auch um dezidierte Gewalt-Androhungen gegenüber abweichenden „Republikaner:innen“ und „Demokraten:innen“, etc.pp. . Denn Trump geht es um die systematische Zerstörung demokratischer Grundlagen und staatstragender Elemente. Es geht ihm um Aufruf zur und Anwendung von persönlich motivierter, umstürzlerischer Gewalt. Kurz: es geht nicht um Politik, sondern um Volks-Aufhetzung bzw. Volks-Verhetzung.
Nun könnten wir den amerikanischen Wähler:innen zugute halten, dass sie bei der ersten Wahl, 2016/17, von Trumps vehementem Auftreten teilweise überrascht, teilweis auch schon überzeugt und gleichzeitig von ihm doch auch getäuscht worden wären. Dann müssen wir nun aber selbstkritisch zur Kenntnis nehmen, dass die zweite Wahl Donald Trumps zum 47. Präsidenten der USA ein klares Wählervotum darstellt. Das heißt, dass ca. 70.000.000 amerikanische Wähler:innen es folglich für besser erachteten, von einem mehrfach vorbestraften „Paten“ als Präsidenten regiert zu werden denn von einem integeren Demokraten — autokratisch regierend, wie einstmals Ludwig XIV. absolutistisch über Land und Untertanen herrschend (L’État? C’est moi!), ohne demokratisches Beiwerk, wie etwa politisch unabhängige Gerichte und Richter, Gewaltenteilung, Meinungs- und Pressefreiheit, etc.pp. . 312 zu 226 Wahlmänner für Trump sprechen eine überaus eindeutige Sprache. Es ging m.E. bei der zweiten Wahl folglich auch nicht um einen Mangel an Information, einen Mangel an Wissen, bezüglich des Kandidaten; mithin um die berühmte „Knowledge Gab“, später dann „Digital Divide“, der Medienwirkungs-Forschung der frühen 1970er bzw. späten 1990er Jahre. Denn wer sich unabhängig informieren wollte, wer wirklich wissen wollte, der konnte dies im Vorfeld der Wahl auch tun. Schließlich gab und gibt es in den USA noch immer unabhängige „Plattformen“ sowie öffentlich-rechtliche Medien. Allein, der wahlentscheidende Teil der Trump-Wähler:innen, wollte nicht wissen, sondern glauben. Sie wollten ihre eigenen Meinungen, zuvor von Trump, et al. geschickt über seine Plattform „Truth Social“ in der Bevölkerung induziert, durch diesen reihum und ständig „aufs Neue“ bestätigt sehen. O-Ton Truth Social : „Truth Social is a new app that allows users to express their views and opinions without censorship or bias. It claims to be open, free, and honest, and to welcome people from different political ideologies.“ Auf diesen Zug sprangen im Vorfeld zur Wahl dann Elon Musk (ca. 186 Mio. Follower auf seiner Plattform „X“, Donald Trump ca. 90 Mio. allein auf „X“) und zuletzt auch Mark Zuckerberg mit seinem „Meta“-Konzern und seiner facebook-Plattform (ca. 3 Mrdn. aktiver, monatlicher Nutzer), auf. Auf der Nutzer-Seite ging und geht es folglich nicht um einen Zugang zum (digitalen) Wissen, sondern vielmehr um die gezielte Zuwendung und Nutzung der ausgewählten Quellen, hier der digitalen Massenmedien mit ihren „Social-Media“-Plattformen, mit ihren meist nationalistischem „content“. Trump-Wähler:innen wussten also, nicht nur was , sondern vor allem wen sie wollten…— Und dieser Teil des (manipulierten und teilweise fanatisierten…) amerikanischen Volkes hat nun die Regierung, die es verdient.
Der amerikanische Wahlkampf 2024, der keiner war, ist bereits an anderem Ort charakterisiert worden. Wäre es ein demokratischer gewesen, dann hätten die beiden politischen Lager bzw. deren Präsidentschafts-Kandidaten:in ihre jeweiligen Wahlprogramme und Argumente ausgetauscht sowie ihre demokratischen Positionen vertreten. Trump jedoch zog „in die Schlacht“ — in seine persönliche Fehde. Seine Stadionauftritte mit seiner für ihn so typischen Volksverhetzung zogen die Massen magisch an, elektrisierten, fanatisierten. Landauf. Landab. Wahllokale wurden daraufhin von der Biden-Administration zu „Festungen“ ausgebaut, da zu befürchten stand, dass fanatisierte Trumpisten sie stürmen und verwüsten könnten; Wahlbriefkästen wurden polizeilich bewacht, da es zu Zerstörungen kam. Die Biden-Administration sorgte für einen geordneten, demokratischen Wahlablauf. Insofern waren nicht nur die Stimmabgabe, sondern vor allem die Stimmen-Auszählung tatsächlich noch demokratisch gewesen. Aber wie diese Wahl durch Trump für Trump gewonnen wurde — seine Verbalattacken gegen „die Demokraten“, seine Drohungen und Diffamierungen, seine Verhöhnungen und Verspottungen, etc.pp. — all das war kein Wahl-Programm, sondern vielmehr eine offene und unverhohlene Kriegserklärung an die Amerikanische Demokratie. Dafür wurde er nicht nur von seinen „Trumpisten“ frenetisch gefeiert. Es war das Letzte, das die amerikanische Demokratie ihren Wähler:innen schenkte…—
Bereits wenige Wochen nach Trumps erstem Amtsantritt wurde jedem, der politisch bewandert und historisch geschult ist, klar, dass mit diesem Nicht-Politiker als 45. Präsidenten der USA die Demokratie „auf dem Spiel“ („Democracy at stake“, Barack Obama) stehen würde. Vier Jahre Trump-Regentschaft zeigten sodann, dass die Amerikanische Demokratie definitiv an ihr Ende gekommen war („Democracy as fake“). Insofern war die Biden-Regierung nur mehr ein Intermezzo, eigentlich nur ihr Todesseufzer.
Betrachten wir uns Trumps „Neues-Kabinett“, dann wird jedem, der politisch etwas bewandert ist, klar, dass es sich hierbei eher um eine Cliquen-Oligarchie aus Milliardären denn um ein Regierungskabinett im demokratischen Sinne handelt, da nur einige wenige Personen aus der Politik, die meisten jedoch aus dem Familien-Clan bzw. Freundeskreis des „Paten“ stammen oder aber aus der Wirtschaft kommen. Vielleicht könnte man diese Mischpoke am ehesten noch als eine politische Form der amerikanischen Wirtschaftskriminalität im Raume der Globalisierung charakterisieren.
Schauen wir kurz ins unmittelbare Berater-Umfeld Donald Trumps, und nehmen Steve Miller, den langjährigen Redenschreiber Trumps und sein derzeitiger „Heimatschutzberater“, in den Blick. Bereits in jungen Jahren trat er den „Republikanern“ bei und diente sich im Trump-Umfeld nach oben. Als Leiter der Abteilung America First Legal sowie als Autor der nationalistisch-konservativen Denkfabrik Heritage Foundation, ist Miller einer der führenden Köpfe, Organisatoren und nun auch Umsetzer des sog. „Project 2025“. Dieses „Projekt“ umfasst ein ca. 900 Seiten starkes Politprogramm, eine Trump-Agenda und Doktrin, das u.a. auch den Umbau der gesamten US-Exekutive in eine sog. „einheitliche Exekutive“ zum erklärten Ziel hat. Diese Theorie besagt, dass der Präsident der Vereinigten Staaten die absolute Macht über die Exekutive habe, u.z. ab dem Zeitpunkt seines Amtsantrittes. Zwar distanzierte sich Trump im Vorfeld der Wahl immer wieder von diesem Papier und seinen Plänen, aber am Tag seines Amtsantrittes als 47. Präsident der Vereinigten Staaten setzte er z.B. den Passus über die „Exekutive“ teilweise um, indem er konsequent tausende „demokratisch“ gesinnter Beamten:innen per Dekret aus dem Staatsdienst entließ. Diese werden durch gesinnungsgeprüfte Trump-Loyalisten ersetzt werden. Der „Große Austausch“, den Nationalisten und Rechtsextremisten so gerne Anderen (den Eliten…) vorwerfen, hat Trump nun auf höchster politischer Ebene selbst in die Wege geleitet. Der Umbau des US-Staates gemäß der Project 2025-Agenda hat begonnen…—
War Steve Miller während des Wahlkampfes noch als Einpeitscher für Trump in den Arenen Amerikas unterwegs, so ist er nun in der Funktion als „Heimatschutzberater“ für die konkrete Umsetzung der Migrations-Politik aus dem Project 2025-Papier zuständig. Es heißt, sowohl als Trumps politischer Chef-Berater als auch als „Heimatschutzberater“, sei er einer der mächtigsten Männer des Neuen Trump-Teams. Zwar kein Kabinetts-Mitglied und auch nicht gewählt, sondern von Trump höchst persönlich auf diese Position berufen (wie Elon Musk), ist er der eigentliche Macher, Organisator, Chefideologe und Schattenmann der Neuen Trump-Regierung.
Schauen wir auf Steve Bannon, einen anderen prominenten Trump-Vertrauten. Schenkt man den Worten des ehemaligen Chefstrategen Steve Bannon (Breitbart, Bannon’s War Room) ernsthaft Glauben — der etwa Elon Musk in den höchsten Tönen euphorisch lobt, etwa indem er von ihm sagt, er, Musk, habe die beiden mächtigsten Atombomben gegen die Demokratie: erstens Geld ohne Ende, zweitens seine Follower-Plattform „X“ — dann wird die Marsch-Richtung dieser „Neuen Trump-Oligarchie“ deutlich. Trumps „Firma“ befindet sich offensichtlich schon jetzt im Krieg: etwa im Migrationskrieg mit Mexiko, oder im Handelskrieg mit Kanada, China, Europa; im Einkaufs- oder auch Eroberungskrieg mit Grönland und Panama; im Wirtschaftskrieg mit China und Europa sowie im allgemeinen Meinungs-Krieg mit allen, die nicht bedingungslos ihre eigenen Meinungen mit der persönlichen „Trump-Ideologie“ als der einzig gültigen gleichschalten (vgl. u.a. Zuckerberg’s Kotau vor Musk und Trump im Januar 2025…).
Bannon ist nachweislich seit Anfang 2018 am Aufbau eines globalen, nationalistischen Netzwerkes, The Movement, engagiert. Deshalb hält er seit dieser Zeit Verbindung zur AfD-Spitze (Weidel, von Storch, et al.), zu Marine Le Pen, Matteo Salvini und anderen nationalistischen Kräften in Europa. Sein persönliches Ziel ist es, Europas Demokratien zu vernichten, sodass keinerlei demokratische Strukturen übrigbleiben, um die europäischen Staaten unter nationalistischen Regimen (…sowie unter der globalen Führung Amerikas, mithin Trumps…) zu einen. Bannon schwebt dabei eine „Globalisierung 2.0“ im politischen, nationalistischen Sinne, vor. Die konkreten Pläne hierzu — etwa wie man mittels Wahl-Manipulation bei Europawahlen das Europaparlament unterminieren könnte, indem man den nationalistischen Fraktionen zum Wahlsieg verhelfe (sei es durch Bestechung von Abgeordneten, sei es durch anonyme Parteispenden) und diese nachfolgend über Echokammern so sehr erstarken ließe, dass ohne sie und gegen sie nicht mehr regiert werden könnte — liegen seit 2018 in seinem War Room in den Schubladen. Ähnlich lautende „Argumente“ hören wir reihum von Weidel, Meloni, Le Pen, et al. — der Front National gegen Brüssel…— Bannon „declares war on democracy“ — und Trump gefällt’s.
Wir könnten nun die Liste der o.g. Details verbreitern, erweitern, vertiefen. Denn es geht noch immer um die im Roman „Saskia zu Besuch“ gestellten Fragen, wie es etwa Populisten gelingen konnte (1914, 1933) und noch immer gelingt (Trump-Wahl), die „Öffentliche Meinung“ so sehr zu beeinflussen, systematisch zu steuern und letztlich für ihre eigenen, persönlichen Ziele nutzbar zu machen, d.h. die Meinungen und Überzeugungen der Bevölkerung zunächst zu manipulieren, um sie zu instrumentalisieren, u.z. unabhängig von den verbreiteten Inhalten. Denn folgendes gilt es hierbei zu differenzieren und zu bedenken: Die kolportierten Inhalte waren 1914 beim sog. „Hurra-Patriotismus“ doch im Deutschen Kaiserreich andere, als jene in Frankreich, und diese wiederum andere, als jene in der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn sowie in Russland. Diese nationalistischen Inhalte von 1914 waren wiederum verschieden zu den nationalsozialistischen Inhalten, die Goebbels und Hitler kolportierten sowie zu den faschistischen Inhalten, die Gabriele D’Annunzio, Guido Landra und Mussolini verbreiteten. Wenn es also die Inhalte nicht oder nicht ausschließlich sind, womit aus der „Öffentlichen Meinung“ eine“Bewegung“ (vgl. Mussolinis „faschistische Bewegung“, Hitlers „nationalsozialistische Bewegung“, etc.pp.), eine „Welle“ (vgl. das soziale Experiment an einer Highschool in Palo Alto, das 1967 von Ron Jones unter dem Titel „The Third Wave“ durchgeführt wurde) oder Bannon’s „Movement“ generiert wird; wenn es also die Inhalte nicht oder nicht ausschließlich sind, wodurch die „Öffentliche Meinung“ umgestaltet und für persönliche Ziele dienstbar gemacht wird, so muss es irgendein Denk-„Muster“, Meinungs-„Muster“, Erlebens-„Muster“, Überzeugungs-„Muster“ sein, das einer-seits von der jeweiligen Situation abgelöst und anderer-seits raum- und zeitübergreifend plaziert und aktiviert werden kann und auf diese Weise zur Verstärkung der jeweiligen ideologischen „Strukturen“ genutzt wird. Bestes Beispiel für Ressentiment-Überzeugungs-Muster ist der kultur-, raum- und zeitübergreifende Antisemitismus, der durch die Jahrtausende hinweg immer wieder zu Progromen, im Nationalsozialismus jedoch zur Shoah, geführt hat und — „nie wieder ist heute…“ — der heute wieder zum festen Bestandteil der völkischen Ideologie der „Neuen Rechten“ geworden ist. Das „warum“ (Juden gehasst werden…) ist der jeweiligen Kultur und Zeit / Epoche angepasst. Aber das „dass“ (Juden gehasst werden…) ist in den Ressentiment-Mustern für veränderte ideologische Strukturen tradiert worden. Anders gesagt: der Judenhass der Rechtsextremisten und der Judenhass der palästinensischen Demonstranten speist sich aus unterschiedlichen ideologischen Quellen. Das Ähnliche oder gar Gemeinsame entsteht in den Hass-Mustern des Ressentiments. Und, Rückbindung an Trump’s own country: Der Trumpisten-Hass gegen Latinos, Coloured People, „die Migranten“, etc.pp. basiert einer-seits auf Ressentiment-Mustern, die von Trump kontinuierlich mit Inhalten „bedient“ werden, wie er anderer-seits über Jahrhunderte zum strukturellen Bestandteil der „Weißen“-Kultur geworden ist (vgl. u.a. den Mord an George Floyd durch Polizeigewalt, Juni 2020).
Schauen wir erneut nach…
— Fortsetzung folgt —