Jakobsweg von Lourdes bis Jaca oder: „die Madame“


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Autor: Karl-Heinz Grube

19. April 2011. Gestern bin ich in Lourdes eingetroffen, der ersten Station meiner Pilgerreise nach Santiago de Compostela und mit überreichen Eindrücken beschenkt worden. Eigentlich könnte ich somit schon jetzt die Heimreise antreten, da ich bereits schon erfolgreich gepilgert bin. Aber – ich will ja nach Santiago, dem drittgrößten heiligen Ort der Katholiken nach Jerusalem und Rom. Lourdes soll und ist -nach wie vor- der Auftakt meiner Reise.

 

 

 

Punkt 7.00 Uhr bin ich auf den Beinen, bzw. startbereit. Heute geht es in die Pyrenäen. Lourdes wirkt auf mich genauso verschlafen wie gestern. Meine Wanderstöcke hallen in den engen Straßen. Tick-tock, tick-tock Diese Melodie wird mich wohl in den nächsten Wochen tagtäglich begleiten. Weiter, immer weiter. Ich spüre wieder den Sog, den Vorwärtsdrang, die Ungeduld. – Ich will auf den Weg!

Am Gare de Lourdes stehe ich zunächst noch als einziger Fahrgast am Bahnsteig. Eine junge, hübsche Frau mit Rucksack trifft ein. Toll, eine Jakobspilgerin, wie ich unschwer an der Muschel erkenne. Ich freue mich schon auf ein nettes Gespräch. Falsch gedacht. Keines Blickes werde ich gewürdigt. In sicherem Abstand von ca. 20 Metern lässt Madame sich nieder. Ich blättere nochmals kurz in meinen Reiseunterlagen. Kontrolliere die Billets und schon läuft der Zug nach Pau ein. Madame besteigt das Abteil A, ich nehme im Abteil B. Platz. – Abfahrt.

Umsteigen in Pau zur Weiterfahrt nach Oleron. Gleiches Spiel. Madame zeigt sich unnahbar, taucht in Oleron ab. Ist zunächst verschollen. Die Weiterfahrt erfolgt jetzt per Bus. Ich vergewissere mich gründlichst ja an der richtigen Haltestelle zu stehen. Ja doch, Herr Grube – alles OK.

Der Rucksack muss im Bus ganz unten im Gepäckfach verstaut werden. Strenge Vorschrift. Madame taucht auf. Schweigt und nimmt hinten im Bus Platz. Der Bus ist gut besetzt. Ausschließlich mit Hausfrauen, die offenbar „in der Stadt“, wie das bei uns in Mainz heißt, tätig waren. Es geht Richtung Berge.

Es ist bestes Wetter. Die Fahrt am Fuße der Pyrenäen kann nur als wunderschön beschrieben werden. Zwischen den Frauen im Bus wird lebhaft kommuniziert. – Auch  Madame unterhält sich fabelhaft.

Nochmaliger Umstieg in einem kleinen Gebirgsdorf. Hier kann bei Bedarf eine komplette Ausrüstung für Bergsteiger erworben werden. Wir befinden uns an einem Ausgangspunkt für erfahrene Bergsteiger. Die Bergriesen sind jetzt bereits ganz nah. Wir, Madame und ich, sind ab jetzt die einzigen Fahrgäste. – Madame übersieht mich immer noch.

Auf schmalen Serpentinenstraßen geht es nun direkt zum Somport-Pass. Ich sitze jetzt ganz vorne auf dem Beifahrersitz, habe von dort den besten Blick! Der Fahrer freut sich über meine Begeisterung. Ich denke an zu Hause und wünsche meine Frau wäre jetzt an meiner Seite. Sie hätte an dieser Fahrt auch ihre helle Freude. Einfach berauschend. Das Berg-Panorama, einfach gigantisch. Jetzt entscheide ich mich spontan und endgültig bis nach Jaca weiter zu fahren und dort meine Wanderschaft zu beginnen. Madame steigt am Somport-Pass aus. Versucht es nun tatsächlich doch mit einem Lächeln in meine Richtung. – Vorbei deine Chance Madame – au revoir!

Madame verschwindet auf Nimmerwiedersehen im Refugium am Pass. Na dann lebe wohl, Du unbekannte Pilgerin. Ich wünsche Dir in Gedanken viel Glück. Mögest Du auf Deinen Wegen immer Menschen begegnen die Dir gut sind. Mögest Du fruchtbare Gespräche haben. Möge der Jakobsweg Dich lehren, sich für fremde Pilger zu interessieren. Möge der Camino Dich verändern, weiterbringen. Alles Gute für Dich. Komme gesund an Dein Ziel. Die allerbesten Gedanken sende ich ihr nach. – So bin ich nun einmal!

 

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