GLÜCK GEHABT


Thomas Berger

GLÜCK GEHABT

„Das geht wirklich nicht, Lars“, sagte mein Vater. Ich versuchte es noch ein paar Mal, aber es war einfach nichts zu machen. „Wir haben diese Fahrt doch schon lange geplant. Und Paulina und Felix freuen sich schon.“ Na ja, Paulina, meine Schwester, ist erst fünf Jahre alt, und Felix, mein älterer Bruder, interessiert sich nur für Videospiele. Ich dagegen bin mit meinen zehn Jahren bereits ein richtiger Bücherwurm und schreibe unheimlich gerne Geschichten. Ungefähr alle zwei Wochen leihe ich mir in der Stadtbibliothek ein Buch aus.

Dort, in der Stadtbibliothek, fand im vorigen Jahr zum zweiten Mal „Schreib los!“ statt. Das ist ein Zusammentreffen von Kids, die in den Sommerferien an drei Tagen eigene Geschichten schreiben. Wir haben uns unsere Texte gegenseitig vorgelesen und darüber gesprochen. Es war echt cool! Und das Tollste: Am Ende des Jahres gab es ein richtiges Buch, in dem die Geschichten gesammelt waren. Auch Bilder, die wir gemalt hatten, waren darin enthalten.

Auch in diesem Jahr, in dem das Projekt an zwei Tagen stattfinden sollte, wollte ich unbedingt teilnehmen. Aber leider, leider war da dieses Familientreffen in München vereinbart. Ich war stocksauer. Meinen Onkel und seine Familie mochte ich sowieso nicht; die waren irgendwie komisch. Und genau da sollten wir hin, die ganze Familie, also auch ich!

Die Bank im Park war ziemlich hart. Trotzdem saß ich da bereits fast vier Stunden lang, vertieft in eines meiner Lieblingsbücher, das ich mitgenommen hatte, als ich am späten Nachmittag von zu Haus abgehauen war. Die Dämmerung setzte ein, und ich wurde langsam müde. Dann schlief ich ein.

„Aber Lars, was machst du denn um diese Uhrzeit hier allein auf der Bank?“ War das eine Stimme im Traum? Wer redete da? Ich wurde wachgerüttelt. Oma Greta, die jeden Abend mit ihrer Hündin Nala noch spät einen Spaziergang machte,  beugte sich über mich  ̶  mit sorgenvollem Gesichtsausdruck.  Mir blieb nichts übrig, als ihr zu erzählen, weshalb ich von daheim ausgerissen war. „Jetzt kommst Du erst einmal mit zu mir. Ich rufe Deine Eltern an, und du kannst heute bei mir schlafen. Was machst Du nur für Sachen, Kind!“

Meine Mutter und mein Vater gingen überraschenderweise auf Omas Vorschlag ein: Sie würden in den Sommerferien ohne mich nach München fahren, und ich dürfte dann bei ihr wohnen und an der Schreibwerkstatt teilnehmen. So kam es dann auch. „Glück gehabt“, dachte ich und beschloss, so meine Geschichte zu nennen, die ich an den beiden Tagen schreiben wollte.