Diesel-Gate-Skandal und Kartell-Absprache der deutschen Autobauer, Teil 1


Diesel-Gate-Skandal und Kartell-Absprache der deutschen Autobauer

 

22.07. bis 24.08.2017

 

 

Gesetzt, die Informationen innerhalb der Nachrichten-Medien sind korrekt und die Autobauer, zumal die „Big Five“ (VW, Audi, Porsche, Daimler, BMW), sind die Säulen „der deutschen Wirtschaft“. So wirft sich angesichts der Realität aus Betrug, Korruption, möglicher Kartell-Bildung sowie ihre direkte Einflussnahme auf die jeweilige Landes- bzw. Bundespolitik die Frage auf, wie kriminell und mächtig inzwischen die (trans-)nationalen Konzerne geworden sind. Seien es nun „Autobauer“ oder aber „Flughafenbetreiber“. Welchen Sinn machen in einer solchen Gemengelage dann noch freie, demokratische Wahlen (z.B. am 24.09.2017), wenn etwa der Ministerpräsident von Niedersachsen seine Antrittsrede von leitenden VW-Managern redigieren und „absegnen“ lassen muss? Wie unfrei und direkt abhängig von Konzern-Vorständen sind unsere Landes- und Bundes-Politiker?

Der heutige VW-Skandal erinnert uns an „Lex Fraport“ (2007). Schon damals hatten Konzernlobbyisten ihre Schreibtische in (hessischen) Ministerien stehen und arbeiteten direkt an Gesetzesvorlagen für „unsere“ Politiker (vgl. „Wir sind drin! Lobbyisten im Zentrum der Macht“, „Phoenix“-Reportage von 2007). Welchen Stellenwert innerhalb einer derart korrupten Demokratie hat dann aber noch das politische „Mandat“, wenn es direkt von Konzernmachenschaften abhängig gemacht wird? Und wer regiert uns, die Bürgerinnen und Bürger, heute tatsächlich? Unsere Mandatsträger in den Landesparlamenten und dem Bundesparlament offensichtlich nicht…— Bedenken wir zudem, dass jedes einzelne zutage gebrachte Vergehen der letzten Jahre wie etwa „Korruption“, „Meineid“ bzw. „Falschaussage unter Eid“ (vgl. u.a. Mannesmann-Vodafone-Skandal, 2004-2006; Siemens-Skandal, 2006; Bankenkrise, 2008ff.), der heutige „Betrug“ im Rahmen des Diesel-Gate-Skandals bei einfachen Kaufleuten und BürgerInnen ausreichen würde, um eine Strafverfolgung durch die zuständigen Behörden und/oder Gerichte nicht nur zu veranlassen, sondern die geforderten Strafen auch gegen die Straftäter zu verhängen und erfolgreich durchzusetzen. Nicht so bei millionenschweren Konzern-Vorständen und deren Anwalts-Kanzleien. Deren Westen bleiben grundsätzlich „weiß“, auch wenn ihre Hände noch so schmutzig sind. Dreckige Deals und „Vergleiche vor Gericht“ machen dies möglich…—

An die Stelle der einstmals „ehrenhaften Kaufleute“ sind seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts kriminelle, bestechliche, habgierige und völlig skrupellose Manager getreten. So war es in der Autobranche schon seinerzeit beim kometenhaften Aufstieg des Ignacio López, der mit geradezu kriminellen Mitteln zunächst bei Opel (1987-92) Karriere machte, sodann vom Opel-Mutter-Konzern GM abgeworben wurde (1992), um zuletzt unter Ferdinand Piëch den damals angeschlagenen VW-Konzern zu „sanieren“ (1993). „Sanieren“ lautet der Euphemismus, der verbergen soll, dass sich López sowohl gegenüber den Autozulieferern mit skandalösen und brachialen Dumping-Methoden durchsetzte (vgl. López-Effekt), wie er sich zugleich auch — ebenso skandalös — als Top-Manager der Autobauer-Konzerne persönlich bereicherte. Zu Fall brachte ihn erst der Vorwurf der Industriespionage (zuerst durch Opel, sodann GM vs. VW). Der Schaden für den VW-Konzern, der 1996 einem Vergleich mit GM zustimmen musste, betrug damals ca. 1,6 Milliarden US-$ . Und doch war die causa López nur das Präludium zur heutigen Situation — sowohl bei VW (im In- und Ausland, gerade auch in den USA) als auch bei den übrigen deutschen Autobauern, die sich jüngst der „Selbstanzeige“ bezichtigten (Vorwurf der Kartell-Absprache), um im Falle ihrer Anklage in die sog. „Kronzeugenregelung“ gelangen zu können. Denn diese gewährt Strafmilderung bis hin zur Straffreiheit. Und obschon der Abriegel-Software-Diesel-Skandal seit Jahren in den USA und Deutschland von verschiedensten Behörden und der Presse recherchiert wird, glaubte sich Porsche bis zum heutigen Tage (27.07.2017; Stand 17:00 Uhr) dennoch in der Position der Stärke und der Unangreifbarkeit, insofern, als dass sie bis dato weiterhin eine Betrugs-Software in ihren „Cayenne“-Modellen der Reihen 3 Liter Diesel verbaute. Wohlgemerkt: in der laufenden Produktion! Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, CSU, verhängte daraufhin zum ersten Mal in der Geschichte der Zuffenhausener ein Zulassungsverbot, u.z. für den Porsche-SUV vom Typ Cayenne mit Drei-Liter TDI-Motoren und Euro-6-Norm. Porsche gibt indes verharmlosend an, der Motor sei schließlich von Audi geliefert worden, was sachlich zwar korrekt ist.

Audi jedoch, eine weitere VW-Tochter, war bereits Mitte Juni dieses Jahres in den Diesel-Skandal verwickelt worden, als unabhängige Testverfahren einen viel zu hohen Stickoxid-Wert in verschiedenen Baureihen der Ingolstädter ermittelten (1422-1938 mg pro Km, was dem Drei- bis Vierfachen des alten „Euro 3“-Grenzwertes entspricht, anstatt der geforderten 80 mg/Km für die geltende „Euro 6“-Norm). Neben dem Mutterkonzern VW sind mit Audi und Porsche nun schon zwei seiner Tochterunternehmen in den Diesel-Gate-Skandal verstrickt. Und doch ist lediglich ein Knotenpunkt eines kriminellen, betrügerischen Manager-Netzwerkes aufgedeckt worden. Sollte man in Zukunft in anderen Konzernbereichen als der Motoren-Software verstärkt und vertieft zu recherchieren beginnen — so zeigt das aufgedeckte Kartell-Netzwerk — werden auch andere deutsche Autobauer mit anderen kriminellen Machenschaften vertreten sein. (Heute, 28.07.2017, folgte der weltweit größte Autoteile-Zulieferer „Bosch“. Und noch immer befinden wir uns lediglich auf „der Spitze des Eisberges“…) Allein, Kriminalität scheint inzwischen der neue „conduct of business“ einer globalisierten Konzern-Landschaft geworden zu sein. Denn kein Konzern, der als Global Player aufgestellt ist, scheint sich ohne kriminelle Energie und Machenschaften in seinem „globalisiserten“ Markt-Segment halten zu können. Weder als „deutscher Autobauer“ noch als „Automobilzulieferer“. Weder als „Deutsche Bank“ noch als Technologiekonzern (vgl. causa Siemens, 2005ff.). Die Branchen wie auch die Markt-Segmente sind offensichtlich beliebig austauschbar (siehe derzeitiger Fipronil-Eierskandal — auch hier befinden wir uns noch immer „auf der Spitze des Eiberges“; Stand 12.08.2017; 12:00 Uhr; en passant: der Eierskandal scheint sich nun auch zum Kälberskandal auszuweiten; 24.08.2017; Stand 20:00 Uhr; Stichwort: Pestizid „Amitraz“)…— Und dass nicht noch mehr Wirtschafts-Skandale durch investigativen Journalismus aufgedeckt werden können, liegt sicherlich nicht so sehr an der „Ehrbarkeit“ und Ehrlichkeit einer bestimmten Branche oder der (deutschen) Wirtschaft als solcher, sondern vielmehr an einem „Kartell des Schweigens“. Denn Schweigen ist die Grundlage aller Kriminalität. Sowohl innerhalb einer Konzern-Hierarchie (z.B. gegenüber internen Kontroll-Gremien wie etwa dem Aufsichtsrat) als auch außerhalb eines Konzernes, etwa gegenüber Kontroll-Behörden und Ämtern des Bundes (z.B. Diesel-Gate: Bundesverkehrsministerium, Kartell-Amt, oder, beim Fipronil-Skandal: Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, etc.pp.).

Erst wenn Insider bereit sind, ihr Schweigen zu brechen und zu „Whistleblower“ werden, können sog. „geheime Absprachen“ als Skandale öffentlich gemacht werden. So war es beim Banken-Skandal der frühen 2000er Jahre (vgl. u.a. HypoAlpeAdria-Skandal und Bayern LB, 2007-2009), so beim Steuerhinterziehungs-Skandal 2010, nun also beim Diesel-Gate- und Auto-Kartell-Skandal. Den Schaden hieraus hat und zahlt jedes Mal der Verbraucher, mithin die Solidargemeinschaft der „Steuerzahlenden“ — niemals jedoch das verursachende Management oder aber die Konzern-Vorstände. Denn gleich mehrfach wurde durch den Betrug von VW & Co. Schaden angerichtet: Den Finanzämtern entgingen durch den Betrug Millionen-Einnahmen im Bereich der Kfz-Steuer, da die „sauberen“ Diesel tatsächlich dreckig sind bzgl. ihrer NOx-Emissionen und somit seit Jahren höhere Steuern fällig gewesen wären. Die verursachenden Automobilbauer werden sicherlich die entstandene Differenz nicht aus ihrer „Kasse“ begleichen müssen. Die VerbraucherInnen wurden durch diesen Betrug geschädigt, weil in ihren Städten die Feinstaub-Belastung oftmals außerhalb aller Grenzwerte liegt, was konkrete, ganz unterschiedliche Krankheitssymptome wohl bis hin zum Tod zur Folge hat. Und last but not least wurde und wird auch zukünftig durch den Mix aus CO2– und NOx-Abgasen sowie den erhöhten Ausstoß an Feinstaubpartikeln aus Diesel-Motoren die Umwelt und das Klima „nachhaltig“ geschädigt werden. Den deutschen Automobilbauern wird indes — Matthias Wissmann, Präsident des VDA, sei Dank — dennoch kein ernsthafter Schaden entstehen. Herr Wissmann wird, ganz im Sinne der Automobil-Konzerne, den entstandenen Schaden „kostenneutral“ zu regulieren wissen. Schließlich ist er bestens mit dem Kabinett Merkel vernetzt, aus dem er stammt. Der sog. „Auto-Gipfel“ in Berlin (02.08.2017), brachte dies ja schon zu Tage.

Fortsetzung folgt

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