Die unsichtbare Gefahr — Covid-19 (Teil V, III)


Die unsichtbare Gefahr — Covid-19 (Teil V, III)

13.07. bis 22.07.2020

„Was aber ist der Mensch?“ (Kant’s vierte Frage im Horizont dieser Pandemie…)

 

Rückblick auf Teil V, II

In Teil V, II befasste sich der Essay mit unterschiedlichen Weisen von Wahrheit: der als unbedingt geglaubten Wahrheit einer-seits sowie der methodisch erforschten, der gewussten Wahrheit, anderer-seits. Die Anekdote vom „Marktgang des Sokrates“ diente zur Veranschaulichung, dass Wahrheit, im heutigen Verständnis, kein „Bestand“, kein „Etwas“-Seiendes ist, das es mittels Fragen lediglich aufzufinden, zu ent-decken oder gar zu besitzen gilt. Kein Mensch hat die Wahrheit. Sondern, dass Wahrheit als „Antwort“ auf den jeweils gewählten „Weg des Fragens“, die Methode, wird. Wahrheit ist ein Procedere, ist ein (oftmals dialogisches), voranschreitendes Werden. Die von uns jeweils gewählte Methode (des Fragens) entscheidet über Inhalt, Sinn und „Gestalt“ dessen, was uns, dem Fragen-Stellenden, als „Wahrheit“ wird. Möchten wir lieber etwas glauben, sei es existentiell, spirituell, persönlich, politisch-ideologisch, etc.pp. — oder möchten wir lieber bezogen auf eine „Sache“ etwas wissen? Möchten wir, sozusagen am Ende unseres  „Marktganges“, lieber eine Gewissheit als persönliches Wahr-Sein im Raume unserer Existenz, oder aber eine persönliche Wahrheit im politisch-gesellschaftlichen Bereich unserer Weltanschauungen — oder möchten wir als Resultat unseres Frage-Weges lieber eine sachliche Richtigkeit im Sinne der adaequatio rei et intellectus als allgemein gültige, jedoch unpersönliche Wahrheit? Zur Verdeutlichung dieses Scheide-Weges dienten uns, gleichsam als Prototypen beider Wahrheits-Sphären, einerseits Giordano Bruno, ein Dominikaner-Mönch, der von der Inquisition als Ketzer verbrannt wurde, da er sich weigerte, seine existentiellen Glaubens-Wahrheiten zu widerrufen sowie Galileo Galilei andererseits, ein Universalgelehrter, der dem Todesurteil dadurch entging, dass er einen wissenschaftlichen Fakt vor dem Tribunal widerrief. Glauben ist unterschieden von Wissen; es gibt Wahrheit die unter Widerruf leidet sowie Wahrheit, die durch Widerruf unberührt bleibt, heißt es bei Karl Jaspers. Was macht den wesentlichen Unterschied zwischen einer geglaubten und einer gewussten Wahrheit aus? Welches sind die Konsequenzen hinsichtlich unseres alltäglichen Verhaltens? Um diese Differenzierung bemühte sich Teil V, II des eingangs genannten Essays.

Schauen wir nun auf einige mögliche Konsequenzen einer als unbedingt geglaubten Wahrheit. Gibt es Vorteile, Nachteile, mögliche Gefahren auf diesem „Weg“?

 

Die möglichen Konsequenzen einer als unbedingt geglaubten Wahrheit

Menschen im Bruno-Lager können oder wollen ganz offentsichtlich weder einen sachlichen Diskurs  führen noch sich, wenn auch nur versuchsweise, auf eine andere als die je eigene Position einlassen. Vielmehr scheint es bei ihnen so zu sein, dass schon ein berechtigter, sachlicher  Einwand oder bloßer Widerspruch zu der von ihnen vertretenen Position ausreicht, um sie — gleichsam existentiell — in Frage zu stellen. Und hier berühren wir einen wesentlichen Unterschied zu Giordano Bruno: der ehemalige Dominikaner-Mönch ließ sich durch die Befragung des Inquisitions-Tribunals gerade nicht verunsichern und existentiell in Frage stellen. Vielmehr stand er zu seinen zentralen religiösen bzw. philosophischen Glaubens-Wahrheiten (u.a. Ablehnung der Gottessohnschaft Christi, dem Jüngsten Gericht sowie seiner Behauptung vieler „Welten“), die ihm existentieller Lebens-Grund waren — unbeirrbar, unbeugbar und damit unwiderrufbar. Ein „tragischer Held“ wie bereits 399 v. Chr. der Athener Sokrates, wie 1415 Jan Hus, wie 1431 Jeanne d’Arc, oder, fünf Jahrhunderte später, 1945 ein Dietrich Bonhoeffer. Alles Menschen, deren Existenz  unlösbar mit der von ihnen geglaubten Wahrheit verbunden war und die deshalb bereit waren, hierfür in den Tod zu gehen. Zwar hatte die Inquisition die weltlich-kirchliche Macht, Giordano Bruno zum Ketzer zu verurteilen und seinen Körper zu verbrennen, aber sie konnte seine existentiellen Glaubens-Wahrheiten mit ihrem Urteil nicht berühren und mit ihrem Scheiterhaufen nicht einäschern, also zu-nichte-machen. Die Macht der Inquisition reichte nicht in den existentiellen Lebensgrund Giordano Brunos hinein, sondern war auf den Bereich der äußeren, der oberflächlichen „Welt“ beschränkt. Eine relative Macht, selbst dann, wenn sie systemimmanent (in der Kurie, im Vatikan) als absolut geglaubt wurde. Wie so oft in der Historie der „Heiligen Mutter Kirche“, waren ihre Motivationen wie auch die Zielsetzungen ihres Absolutheitsanspruches in Wahrheits-Fragen höchst irdisch-menschlicher Macht-Natur und ebensolcher Qualität. Gerade in ihren Urteilen über Ketzer*innen offenbarte der Macht-Apparat der „Katholischen Kirche“ (gr. kat-holón) seine erschreckende Ohnmacht in Bezug auf lebendige Spiritualität (Bruno) wie auch sachlich-korrekte Wissenschaft (Galilei) und ist hierin — in der realen Ohnmacht — den heutigen Anti-Demonstranten*innen auf verblüffende Weise ähnlich, geradezu zeitlos modern. Die Kirche der Inquisition beanspruchte die absolute Deutungs-Hoheit über alle  Lebens-Bereiche des Menschen, also auch über Glaube und  Wissenschaft. Die Inquisition, das Heilige Offizium, kurz auch „Glaubenskongregation“ genannt, versuchte seinerzeit die komplexe Realität der beginnenden Neuzeit, die aufgrund ihrer Entdeckungen alte Welt-Bilder und Kosmologien stürzte sowie geniale, meist mechanische Erfindungen hervorbrachte, über den viel zu kurz gewordenen Leisten ihrer „Dogmen-Welt“ zu schlagen und damit die „Reinheit der Lehre“, die faktisch bereits zur Irrlehre verkommen war, allen Menschen aufzuzwingen. Das Neue in der Zeit musste, aus Sicht und in der Perspektive jener Kirche, mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft werden. Abweichende Glaubens-Inhalte, neue, wissenschaftlich fundierte Welt-Bilder — in der Astronomie etwa durch die Entdeckungen und Berechnungen eines Kopernikus, Galilei, Kepler et al.; in Seefahrt und Handel die großen Entdecker der geographischen Welt, wie etwa Amerigo Vespucci, Christoph Columbus, Vasco da Gama und vor allem die Weltumseglung durch Fernando Magellan — stellten die überlieferten Kosmologien und geozentrischen Weltbilder und damit in eins die unangefochtene Deutungs-Hoheit „Roms“ in-Frage. Roms Antwort „ex cathedra“: Entgegnung mit stets absurder anmutenden Feind-Bildern. Denn halfen bloße Drohungen nicht weiter, so versuchte diese Institution mittels Steigerung des Zwanges ihre „Vormacht-Stellung in der Welt“ zu wahren. Ein aussichtsloses Unterfangen, das letztlich dazu führte, dass innerhalb der Mauern des Vatikans sowie seines eingepferchten Denkens eine andere Weltsicht als „Realität“ galt, als außerhalb dieses Bann-Kreises. Die kirchliche „autoritas“, die für sich beanspruchte, absolut „wahr“ zu sein, sah sich in erdrückender Weise einer realen Welt gegenüber, deren Realität und freies Denken sich rasant veränderten. Unaufhaltsam. Ebenso haben sich m.E. die heutigen Anti-Demonstranten*innen in eine realitätsferne „Filter-Blasen“-Welt zurückgezogen und damit auf ihre Weise den Kontakt zur allgemeinen Realität preisgegeben. Beiden Positionen — der kirchliche Rückzug in eine Dogmen-Welt des Vatikans, der profane Rückzug in einen Kosmos aus Filter-Blasen als Weltanschauung — ist ein mehr oder weniger umfangreicher Realitäts-Verlust immanent. Ein Glaubens- und Welt-Bild, das in seiner Fragilität der Statik eines Kartenhauses gleicht, gleichzeitig jedoch von sich behauptet, stabil und unzerstörbar zu sein. Unzerstörbar daran ist jedoch das geglaubte Vorurteil, die Stereotype, die fanatische Überzeugung. Der Unterschied im Gemeinsamen: Im ersteren Fall wird der Anderes-Denkende (d.h. der Andere denkt ja nicht anders, sondern er denkt Anderes, Unerwünschtes, Verbotenes, Unerträgliches, u.ä.m. …) zum Kirchen- und Glaubens-Feind, zum Ketzer stilisiert, der angeblich „mit dem Teufel im Bunde steht“, und der deshalb als „böser Feind“, als „Antichrist“, so die Argumentation der Inquisition, sowohl psychisch (etwa mittels Folter erzwungener Widerruf) als auch physisch (Verbrennen auf dem Scheiterhaufen, ferner sog. „Gottesurteile“) vernichtet werden darf. Als Regularium diente der Inquisition fast zwei Jahrhunderte lang der sog. „Hexenhammer“, lat. „Malleus maleficarum“, des DominikanersHeinrich Kramer, et al., von 1486. Erst der Gegenentwurf des Jesuiten Friedrich von Spee, die sog. „Cautio criminalis“ von 1631/32, versuchte dem Kirchen-Wahn gegenzusteuern. Für tausende unschuldiger Menschen endete das Leben jedoch in einem holo caustum, also in der totalen Vernichtung der Person und darüber hinaus in einem über sie verhängten Verdikt des „Ewigen Vergessens“, d.h. ihr Name durfte weder in sog. „Totenbücher“ aufgelistet noch während einer Gedenk-Messe genannt werden. Der Ketzer wurde somit als Anderes-Glaubender der „ewigen Verdammnis“ und als Mensch dem „gänzlichen Vergessen“ anheim gegeben. So glaubte man. Ein kirchliches Verfahren übrigens, das, was die persönliche Vernichtung anbetrifft, bis in die jüngste Zeit (vgl. Küng, Drewermann, Vertreter der Lateinamerikanischen „Befreiungstheologie“, etwa Leonardo Boff, et al.) ausgeübt wurde und noch immer bei kirchlichen Abweichlern angewandt wird. Allerdings vernichtet man heute die Existenz des Anderen-Denkenden nicht mehr durch bzw. auf Scheiterhaufen, sondern durch Kirchen-Verbote (etwa bei laiisierten Priestern; bei Geschiedenen, die erneut heiraten möchten, etc.pp.), oder aber mittels Berufs- bzw. Lehr- und Publikationsverbote (bei Theologen*innen), oder indem man die Schriften der betreffenden Personen „auf den Index stellt“, und auf diese Weise dem Zugriff der Öffentlichkeit entzieht. Man ist als Glaubens-Institution im Laufe der Jahrhunderte „zivilisiert“ und „human“ geworden. Gleichzeitig jedoch schützt die selbe Institution „Kirche“ pädophile Kleriker aller hierarchischen Ebenen…—

Im anderen Fall werden durch Anti-Demonstranten bald „der Staat“, bald Politiker*innen wie etwa die Bundeskanzlerin, bald Virulogen wie Prof. Drosten, bald Lockdown-Befürworter*innen dämonisiert und zum bösen, übermächtigen Feind stilisiert. In der jeweiligen individuellen, irrealen Projektion wird der Andere dermaßen übermächtig erlebt, wird aus der realen Person des Anderen ein „allmächtiger Feind“ gemacht, der scheinbar die Macht wie auch das reale Vermögen innehat, das eigene Leben fremdzubestimmen und damit ineins die eigene Existenz im Kern zu bedrohen. Ein profanes Glaubens-Feindbild eben, das sich in seiner Verzerrung und Verdrehung beliebig steigern lässt, woraus es in der Folge sowohl sein Überzeugungs- als auch Handlungs-Potenzial zieht.

Ein anderes reales, dem Alltag entnommenes, uns inzwischen sehr vertrautes Beispiel für eine Verdrehung von „sachlichem Fakt“ im persönlichen Erleben: Es gibt mechanische Verkehrszeichen wie „Ampeln“ (oder auch „Bahnschranken“ an Bahnübergängen…). Eine Ampel regelt den Verkehrsfluss und zeigt vier Phasen: „Grün“ bedeutet, dass der Verkehr freigegeben ist. „Gelb“ bedeutet, dass wir vor der Kreuzung / Abbiegung auf das nächste Zeichen warten sollen. „Rot“ ordnet an, dass wir vor der Kreuzung halten sollen. Und „Rot-Gelb“ zeigt an, dass wir uns auf die Weiterfahrt vorbereiten sollen. Die Ampel-Anlagen sind durchgetaktet, so dass jede/-r Verkehrsteilnehmer*in darauf vertrauen darf, dass auf „Rot“ garantiert „Grün“ folgen wird — und, je nach Phasenfolge, das Gegenteil. Soweit die Sach-Ebene. Nun gibt es de facto Menschen, die eine „rote Ampel“ als persönlichen Affront erleben. Sie erleben in Verwechslung von sachlichem Fakt (etwa, dass die Phasen getaktet sind und dass das vorübergehende Fahrverbot  in wenigen Sekunden in ein Fahrgebot  gewandelt werden wird…) und Emotion / Affekt, das „Rot“ des Verkehrszeichens als „rotes Tuch“, geraten darüber in Rage, in Jähzorn, und greifen sofort an — etwa, indem sie spontan Vollgas geben. Oder sie entwickeln vor der „roten Ampel“ das persönliche Gefühl, nun lange genug gewartet zu haben, und fahren — trotz roter Phase — einfach drauf los. Gleiches geschieht ebenfalls bei anderen einschränkenden Verkehrszeichen wie z.B. bei „geschlossenen Bahnschranken“ oder „Stop“-Schildern. Der reglementierende Eingriff „von außen“ in die persönliche Freiheit wird als dermaßen „unerträglich“ erlebt, dass man lieber die allgemeinen Verkehrs-Regeln und die Gebote der Straßenverkehrsordnung bricht, als die Situation sachlich zu beurteilen und, wie alle anderen auch, zu warten. Das Unerwünschte der vorübergehenden Einschränkung „meiner absoluten Freiheit“ durch ein äußeres, vernunftbasiertes Reglement steigert sich affektiv ins Unerträgliche, setzt Empörung und blinde Wut als Formen der Aggression frei und motiviert zum Gesetzesbruch. Hunderte solcher Alltags-Beispiele ließen sich ad hoc aufzählen und benennen (jüngste Version: Biker-Demos gegen sachlich berechtigte Fahrverbote an Wochenenden auf einzelnen Touren-Strecken, die von Teilen der Biker-Comunity gezielt als Rennstrecken missbraucht werden und dadurch andere Verkehrsteilnehmer*innen hochgradig gefährden). So scheint es auch m.E. bei den durch die Regierung „von außen“ verhängten Lockdown-Geboten zu sein, die, bezogen auf die „Sache“ der sich ausbreitenden Pandemie, vernünftig, sinnvoll und damit „zielführend“ sind. Leider wird auch dieses sachliche Faktum von manchem Zeitgenossen als persönlicher Affront erlebt und deshalb sofort attackiert (siehe etwa die „Ballermann“- oder Corona-Parties vom 11./12.07.2020, u.ä.m.). Auf der Sach-Ebene bleibt jedoch die Ampel eine Ampel , das Stop-Schild ein Stopschild  — und das Virus bleibt ein Virus , weil es ein Virus ist. Eine binome RNA-Struktur, die sich u.a. in menschlichen Zellen (und damit in fast allen Organen…) vermehren kann. Das Virus ist die reale, sachliche Ursache für eine faktische Pandemie, die weiterhin weltweit grassiert (siehe Dashboard). Aber wie wir das jeweils Faktische erleben — die Ampel, das Schild, das Hygiene-Reglement der Corona-Pandemie — welche Re-Aktionen es in der Welt unserer je eigenen Affekte auslöst, das alles steht bisweilen auf einem gänzlich anderen Blatt. Doch nochmals retour zu anderen, möglichen Aspekten der Anti-Demonstranten*innen, die die Pandemie-Einschränkungen aus persönlichen Gründen aufgehoben sehen wollen.

Weitaus realistischer als die lebensbedrohende Projektion durch einen allmächtigen Feind, etwa einen übermächtig uns bestimmenden Staat, scheint folgende psychologische Variante zu sein: da für die Anti-Demonstranten*innen das Virus selbst nicht nur der unsichtbare, sondern zudem auch der unerreichbare Feind ist, adressieren sie stellvertretend all ihren Hass und ihre Wut, an bekannte Personen der Öffentlichkeit, die die Pandemie-Maßnahmen befürworten bzw. umsetzen. Eine ewige Geburt der Tragödie aus erlebter, vor allem jedoch geglaubter und bis zur Gewissheit übersteigerter Ohnmacht heraus. Teilweise eine fanatisch gesteigerte Ohnmachts-Phantasie. Jedoch eine zeitlose, anthropologische Wirklichkeit, wie sie bereits 1887 von Friedrich Nietzsche als „Sklavenaufstand in der Moral“ treffend beschrieben wurde (ders., Zur Genealogie der Moral. Eine Streitschrift. Leipzig, 1887). Faktische Werte sind, was sie sind (genormte Maße, Gewichte, etc.); moralische Werte jedoch lassen sich „ummünzen“ und in verschiedenster Hinsicht beliebig steigern. Bei vielen Anti-Demonstranten*innen geht es m.E. deshalb auch nicht um die „Inhalte“, wogegen man und frau dermaßen aufgebracht, erbost und Maß-los empört ist. Sondern darum, dass das Ohnmachts-Ressentiment selbst schöpferisch geworden ist. Man ist von dem jeweils Gefühlten eines fiktiven, selbst ausgestalteten Feind-Bildes, unabhängig von der herrschenden Realität als mögliches Korrektiv, so sehr überzeugt, dass man die eigenen Überzeugungen als die  Realität wahrnimmt, daran glaubt und schließlich daraus lebt. Man sucht deshalb auch nicht die allen gemeinsame Realität innerhalb einer Pandemie, vielmehr sucht man ein möglichst prominentes Opfer für seine persönliche Rache. An die Stelle von Wissenschaft, tritt eine hochexplosive, aggressive Mixtur aus persönlichem Wissenschaftsaberglauben. An die Stelle von sachlichem Diskurs, Wissenschaftsfeindlichkeit der Rede (zur Thematik der Misologie  siehe u.a.: Platon, Phaidon, 90c-91a)). Denn es ist doch recht seltsam, wie beliebig der Inhalt der diversen Gruppierungen austauschbar ist, während die Struktur, die das „Anti“ ausformt und gestaltet, sich ähnelt. Nicht die Inhalte verbinden Wutbürger*innen und Impfgegner*innen, etc.pp., sondern die Struktur des „Anti“. Nicht Wahrheit ist, was diese Gruppierungen und gesellschaftlichen Splitter miteinander verbindet, sondern ihr zersetzender, ressentimentbeladener Hass und ihre zerstörerische Wut als einende, geglaubte, unbedingte  Wahrheit, die die gesellschaftliche Kohärenz zugunsten einer Egomanie bzw. einer Paranoia zu unterminieren suchen. Anders gesagt: Impfgegner*innen wollen zwar dem Inhalt nach etwas Anderes als politische Extremisten, diese vertreten wiederum andere Inhalte als Verschwörung-Theoretiker*innen, etc.pp. — aber gemeinsam ist ihnen doch die  Struktur, die in blinden Hass und blinde Wut gegen… „die da oben“, gegen… „den Staat“, gegen… „das Regime“, u.a.m. umschlagen ist. Ein psychischer Umschlag, der zum emotional aufgeladenen um-sich-Schlagen führt. Ein emotionaler „Verbal-Rundumschlag“ — teils lediglich verbal geführt, teils jedoch als Gewalt-Attacke ausgeführt (vgl. Gewaltexzesse in der Stuttgarter Innenstadt vom Samstag, den 20.06.2020; Frankfurter Opernplatz, 18./19.07.2020). Sachlich jedoch haben m.E. all diese Positionen keinerlei inhaltlichen noch innerlichen Bezug zur Covid-19 Pandemie…—

 

Quellen und Verweise

MPG, Entschlüsselung der Corona-Polymerase; die virale Kopiermaschine des Virus

https://www.mpg.de/14750361/0427-bich-056839-wie-das-coronavirus-sein-erbgut-vermehrt

 

Dashboard Corona-Pandemie

https://gisanddata.maps.arcgis.com/apps/opsdashboard/index.html#/bda7594740fd40299423467b48e9ecf6