Toxische Narrative und ihre möglichen Folgen für Deutschland
Das Spektrum politisch-toxischer Narrative — ein exemplarischer Einblick
Der vorliegende Blog-Beitrag war bereits am 18.07.2021 in diesem Blog erschienen. Er fasste seinerzeit die Blog-Reihe der „toxischen Narrative“, die bis in den Februar 2021 zurückreichte, überblicksartig zusammen. Seine Wiederaufnahme an heutiger Stelle dient der Erinnerung folglich als Brückenschlag zu den kommenden Blog-Beiträgen. Diese sollen in einem dritten Hauptteil, einer Synopsis gleich, die parallelen Erzähl-Strukturen von ideologischen Systemen darlegen. Entlang einer gedachten Linie von linksterroristisch nach linksextremistisch nach linksradikal — entsprechend parallel von rechtsterroristisch nach rechtsextremistisch nach rechtsradikal — soll der Gefahren-Horizont toxischer Narrative für Gesellschaft und demokratisch verfassten Staat ausgeleuchtet werden. Für die Abgrenzung der einzelnen ideologischen Positionen (was ist „links-/rechtsterroristisch“?), folge ich dem Gliederungsschema des BKAs.
Blog-Beitrag vom 18.07.2021
Rückgriff auf politische Geschehnisse des Jahres 2021 und Ausblick auf die gesellschaftliche Gefahr durch rechtsnationale, toxische Feindbilder und Narrative
Ein dreifach gegliedertes Ziel verfolgte diese Blogreihe II,1-6: erstens, Aufzeigen des zeitlichen Kontextes politisch-toxischer Narrative, etwa als rechtspopulistische Propaganda oder rechtsextremistische Hetz-Parolen; zweitens, Nennung eines historischen Beispieles anhand der litauischen Shoah, das belegen sollte, wie aus gesteigertem, zuletzt fanatisiertem Hass, eingebettet in nationalpatriotische Feindbilder, jegliche menschliche Beziehung zerstört und das Morden „legalisiert“ werden konnte (1939-41); und drittens, wie sich ebendiese Gefahr der erneuten Vergangenheit-in-der-Gegenwart, als unsere Gegenwart, wiederholen könnte („historischer Konjunktiv“). Kehren wir in die politische Gegenwart der Bundesrepublik Deutschland anfangs des Jahres 2021 zurück.
Rückgriff durch und Vergegenwärtigung des Gesamtkontextes der Blogreihe II,1-6
Am 06.Januar 2021 wiegelte der damalige noch amtierende, jedoch bereits abgewählte US-Präsident, Donald Trump, seine fanatisierten Trumpisten-Anhänger*innen zum Sturm auf das Washingtoner Capitol, den Sitz des Senats sowie des Repräsentantenhauses, auf. Bei dem Aufruhr starben vier Menschen. Dieser Trumpisten-Mob war, quer durch alle sozial-gesellschaftlichen Schichten, alle Hautfarben, alle Religionen, durch Trumps Stereotype und politisch-toxische Narrative so sehr in seinem Denken hinsichtlich und seinem Erleben von „Realität“ verblendet, dass er nicht nur die gerichtlich bestätigten Wahlergebnisse, die offizielle Amtseinführung von Joe Biden als 46. Präsidenten der USA, u.v.a.m. fortan leugnete, sondern darüber hinaus auch alles andere fanatisch hasste, was nicht aus der „Feder“ Trumps (den manipulierenden Gedanken der Trump-Tweets) stammte. Wie konnten 75 Millionen US-Wähler*innen in diese Trump-Bubble aus Lügen und Verleumdungen eingesponnen und von ihm, Trump, von jeglicher Realität rational wie auch emotional ent-koppelt werden? Diese Frage-Stellung führte zu weiteren, nun von der Person Donald Trumps abgelösten, grundsätzlicheren Fragen, nämlich: wie entstehen politisch-toxische Narrative (aufseiten der „Chefideologen“; aufseiten der „Follower*innen“) und woraus bestehen die Komplexe, die weltanschaulichen Gedanken-Gebäude, der politisch-toxischen Stereotype bzw. Narrative? Die amerikanische Situation und ihre Gefahren für die Gesellschaft wurde als „mögliche Folgen für Deutschland“ nach Deutschland gespiegelt. Trump als politisch-toxischer Agitator wurde durch Akteure der Rechtspopulisten sowie der AfD ersetzt. Ferner konnte in Blogbeitrag II,1 aufgezeigt werden, dass aufseiten der Indoktrinierten, der freiwillig Abhängigen, der von Demagogen gezielt Fanatisierten, zunächst lediglich eine gewisse nebulöse Unzufriedenheit vorhanden sein muss, eine gewisse Frustration und ein Ohnmacht-Gefühl hinsichtlich der eigenen Lebensumständen, auch eine Unsicherheit hinsichtlich der persönlichen Zukunft, die als emotionale „Türöffner“ dienen, um die Spirale aus Neid, Groll und zunehmenden Hass in Gang zu setzen. Auf der Seite des Agitators und Demagogen scheint eher ein völlig ent-grenzter „Wille zur Macht“ die allesbestimmende Motivation hinter seinen geteilten Worten, seinen Tweets, seinen mitreißenden Gesten, etc.pp. zu sein.
Über induzierte Stereotype (z.B. das Stereotyp des Sozialneides), beruhend auf toxischen Feindbildern (z.B. Priviligierung von „Flüchtlingen“ und/oder „Ausländern“), schleicht sich der Demagoge als Manipulator in die Erlebniswelt seiner Follower*innen/Anhänger*innen ein, manipuliert dort ihre Gedanken bis hin zur völligen inneren Gleichschaltung („Brainwashing“), d.h. eine eigene, von seinen Worten un-abhängige Meinung, oder gar eine gezielte Überprüfung des von ihm lediglich Behaupteten, aber niemals Bewiesenen, ist seinen ideologischen Glaubens-Anhänger*innen ab einem gewissen Zeitpunkt nicht mehr möglich und scheint von diesen auch gänzlich unerwünscht zu sein. Auf diese Weise missbraucht der Agitator bzw. Demagoge die Indoktrinierten für seine rein persönlichen Ziele; die Missbrauchten wiederum feiern frenetisch ihren „Führer“ wie einen Popstar, ja wie einen „Gott“. Denn seine Lügen sind für sie Wahrheiten; seine Tweets frohe Botschaften; seine Manipulationen sakrosankt und deshalb historisch notwendig, einzig richtig und alleine wahr. Es ist ein all-seitiges Wiederholungs-Muster von „Führer befiehl, wir folgen!“. Die Anhänger*innen sind als Fanatisierte zu willfährigen „Marionetten“ geworden (z.B. neonazistische Höcke-Anhänger*innen). Dies war der thematische Gegenstand von Blogbeitrag II,2 .
Teil II,3 wiederum leuchtete die Gefahr der Feindbild- sowie Antisemitismus-Narrative für Deutschland weiter aus. Ihre Verknüpfungen und narrativen Verflechtungen wurden kurz erläutert und „der Feind im Bild“ erstmals skizziert. Dies führte weiter zu der Frage von Teil II,4, wie es zu historischen Wiederholungen-in-der-Zeit kommen kann.
Anhand der seit Jahrhunderten an der jüdischen Bevölkerung sich wiederholenden Entrechtungen, Verfolgungen, den Progromen bis hin zur jüngsten Shoah warf sich die Frage auf: tempora mutantur…—? Das heißt: Ändern sich die Zeiten und ändern wir uns in ihnen, d.h. sind wir primär Opfer von übermächtigen „Zeitenläufen“ — oder aber gestalten wir Menschen die Zeiten als unsere anthropologische „Epochen“. Sind wir wirklich „Opfer der Zeiten“ bzw. „Opfer des Schicksals“ — oder gestalten wir Gegenwart als unser „Schicksal“? Es wurde „der Weg vom Wort über das ‚Bild‘ zur Tat“ beschrieben, d.h. toxische Narrative und hasserfüllte Muster, die sich wie Puzzleteile zunächst zu einzelnen Bildern und sodann in unserem Erleben zu einem „Film“ aneinanderfügen, wurden als Kontinuum der hässlichen Meinung ausgemacht. Toxische Narrative und hasserfüllte Gedanken-Muster bilden den existentiellen Kern des schöpferischen Ressentiments zur hasserfüllten wie auch hasserfüllenden Tat. Sie sind insofern die unzerstörbare Matrix aller Kriege, aller Progrome, aller Genozide und damit die Bedingung der Möglichkeit historischer, kriegerischer Wiederholungen. Ohne fanatisierenden / fanatisierten Hass als Motiv wie auch als Movens, ist kein gesellschaftlicher Umsturz, keine blutige Revolution, kein mörderischer „totaler Krieg“ möglich.
Im Blogbeitrag II, 5 wurde der Verortung des Feindes als „Bild“ im Einzelnen nachgegangen und die Frage aufgeworfen, ob der wirkliche Feind, der eigentliche Feind, nicht eine Intarsie unserer eigenen Persönlichkeit sei. Ist der Feind-im-Bild draußen als Realität, wie dies Rechtspopulisten, Rechtsextremisten und die AfD uni sono suggerieren — oder ist „der böse Feind“ (Nietzsche, Genealogie der Moral) nicht vielmehr eine Projektion unserer inneren Wirklichkeit? Die Beantwortung dieser Frage-Stellung zeigte auf, dass Hass ein Segment und die daraus geborenen Feind-Bilder ein „Sediment“ unserer eigenen Persönlichkeit sind. Sie sind die hässlichen Teile unseres Persönlichkeitskolorits. Daher beginnt der Missbrauch eines anderen Menschen nicht erst in der jeweiligen Tat, sondern bereits in der Gedanken- und Erleben-Welt in unserem Inneren. Wenn dem jedoch so ist, so stellt sich unmittelbar die Frage, wie es mit der Eigenverantwortung für unsere eigenen Feindbilder aussieht? Liegt sie bei irgendwelchen „Anderen“, etwa einem übermächtig uns fremdbestimmenden Anderen (einem „Schicksal“, einem „Gott“, einer militärischen, unentrinnbaren „Befehlsstruktur“, dem „Staat“) — oder aber bleibt die Verantwortung am Eigenen im Eigenen, sei es nun das hasserfüllte Wort, ein fanatisches Feind-Bild, oder die mörderische Tat? Kann der Mensch seiner Eigen-Verantwortung faktisch entkommen, kann er sie irgendwohin delegieren — oder ist sie ihm, als „Preis seiner Freiheit“, unaufhebbar „zu eigen“ gegeben? Ist Eigenverantwortung in jedwedem Lebens-Bereich die Bedingung der Möglichkeit unseres Frei-Seins und damit tagtäglich Aufgabe, der wir uns stellen müssen und in welcher wir uns bewähren können? Werden wir erst eigentlich Mensch, indem wir Verantwortung für unser Denken, Sagen und Tun übernehmen? Meines Erachtens bleibt die Verantwortung am Eigenen in unserem Eigenen. Das jedoch stellen politisch-toxische Narrative — unabhängig von ihrem ideologischen Hintergrund oder ihrem religiös-fanatischem Inhalt — völlig anders dar. Hier gilt: Die Eigenverantwortung wie auch die Schuld für den eigenen Hass und das eigene Feindbild — in Wort und Tat —, all das wird von der eigenen Persönlichkeit grundsätzlich abgespalten und ausgelagert. Der eigene Hass, das eigene Feindbild, die eigene Schuld, sie alle werden ganz einfach „den Anderen“ zugeschrieben, „delegiert“. Die Agitator*innen und Täter*innen jedoch gerieren sich per se als „Opfer“ (vgl. u.a. AfD-Habitus/AfD-Gestus;), fühlen sich im „Recht“, wähnen sich als die „Guten“, während ihre Opfer durch sie per se „schuldig gesprochen“ und vorverurteilt werden. Und dies nicht etwa partiell, etwa als Mensch mit einer anderen politischen Meinung, sondern existentiell als Mensch in Gänze. So hetzt es sich wesentlich leichter, es macht einem hasserfüllten Ressentimentmenschen „Wohl ums Herz“. Diese Erzähl-Struktur der Auslagerung innerhalb der politisch-toxischen Narrative, der Entkoppelung der Eigenverantwortung bei Wort und Tat, birgt jedoch für den Zusammenhalt der Gesellschaft wie auch der Demokratie beträchtliche Gefahren. Wie mit einem sich öffnenden Reißverschluss wird die Gesellschaft in wenigstens zwei unversöhnliche Lager gespalten; jeglicher emotionaler Zusammenhalt geht nach und nach verloren, Beziehungen werden so lange „vergiftet“, bis sie sich auflösen bzw. abgebrochen werden. Es kommt zur sozialen Isolation und dem „gesellschaftlichen Tod“ des Zoon politikon. Die Demokratie als Staatsform wiederum gerät nicht nur in die Gefahr, durch rechtspopulistische sowie kontinuierlich sich weiter entgrenzende rechtsextremistische Positionen erpressbar zu werden, sondern via demokratischer Mittel wie etwa Wahlen, verbriefte Freiheiten, etc.pp., von antidemokratischen Kräften unterminiert und schließlich entmachtet zu werden. Es wäre die historische Wiederholung der „Machtergreifung“ durch Adolf Hitler von 1933, so wie sie der rechtsextreme AfD-Höcke-Ansatz als anstehenden Systemwechsel favorisiert und heute sytematisch vorantreibt. Und hier schließt sich der Bogen dieser zweiten Blogreihe: Seit Jahren sind schon wieder politisch-toxische Narrative salonfähig und in coram publico in Umlauf (vgl. Anfänge der Pegida-Demonstrationen), die etwa die Fremden- und Ausländerfeindlichkeit als Allheilmittel für persönliche Probleme propagieren. Im 18./19.Jahrhundert war dies die sog. „Lösung der Zigeunerfrage“, die später im SS-Terrorstaat sodann zum Holocaust an Sinti und Roma, dem Porajmos, führte. Auch solche politisch-toxische Narrative, die einem zunehmend radikaler werdenden Antisemitismus das offene Wort reden, sind auf den modernen, digitalen Marktplätzen wie etwa facebook, Telegram und Co. all-gegenwärtig — ein unverhohlener Antisemitismus in stets breiteren Teilen der Bevölkerung, d.h. nicht nur der „Ränder“ sondern auch der sog. „bürgerlichen Mitte“, der bereits in früheren Jahrhunderten zu Progromen an der jüdischen Bevölkerung führte und das, obschon Juden über Generationen mit der Mehrheitsbevölkerung freundschaftlich Tür an Tür gelebt hatten; nach 1933 führte fanatischer Antisemitismus zur Shoah des europäischen Judentums.
Diktatoren und Diktaturen schützen keine Minderheiten — sie nutzen sie willkürlich für eigene Machtinteressen aus. Demokratien wiederum schützen Minderheiten per Gesetz, können dies aber nur solange gewährleisten, wie die demokratisch gesinnte Mehrheit diesen Schutz übernimmt und durch Taten im Alltag garantiert. Es ist eine „Ewigkeitsaufgabe„, der demokratisch-gesinnten Bevölkerung ins gesellschafts-politische Gedenken geschrieben: niemals fertig oder dauerhaft vollbracht, sondern muss sich tagtäglich als Alltag der Bürger*innen bewähren. Es ist ein politisches Überzeugungs-Bekenntnis, das wir, ähnlich des „Confiteors“, durch unser Sagen und Tun kontinuierlich bekräftigen. Etwa Artikel 1, GG: „die Würde des Menschen ist unantastbar“. Diesem ersten Artikel 1,1 GG ist ein „Ewigkeitsartikel“ in Art.79,3 GG als Bestandsgarantie für verfassungspolitische Grundsatzentscheidungen hinzugegeben, der die Gesamtstruktur der Bundesrepublik Deutschland als die eines demokratischen und sozialen Rechtsstaates schützt.
Und hier schließt sich der große, umfassende Kontext gedanklich an den vorliegenden Text des Blogbeitrages II, 6 an.
Die historische, narrative Vorgeschichte sowie der konkrete Ablauf der litauischen Shoah belegen und beweisen überdeutlich, dass Antisemitismus, anders als uns dies der AfD-Vorstand rund um Gauland, Weidel, Curio, Brandner und Co. suggerieren und anders als uns Höcke dies indoktrinieren möchte, gerade nicht eine politische Meinung oder Gesinnung neben anderen demokratischen Meinungen und Gesinnungen ist. Denn Antisemitismus birgt in seinem nationalpatriotischen, ideologischen Werte-Muster einerseits eine völkische Herrenmenschen-Ideologie, die alle anderen Menschen ent-wertet, ja sogar als „lebensunwert“ definiert, und er transportiert andererseits eine mehr oder minder kaschierte Anweisung zum gezielten Mord an politisch Andersdenkenden sowie zum rassenhygienisch „legalisierten“ Massenmord an nationalen Minderheiten, an Ethnien, an wie auch immer stigmatisierten „Anderen“. Deshalb ist Antisemitismus, wie es der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, zurecht präzisiert: eine Straftat.
Wer also wie Höcke völkische Hetz-Parolen und nationalsozialistische Hass-Gesinnung in seinen politisch-toxischen Narrativen transportiert und in der Bevölkerung verbreitet, oder aber deren reale Gefahren wie es der AfD-Vorstand rund um Gauland, Weidel, Chrupalla verharmlosend schönredet, kleinredet, bagatellisiert, der stellt sich — sei er/sie nun Parlamentarier*in oder Privatmann — konsequent außerhalb unserer geltenden und gültigen Rechtsordnung und damit ineins: außerhalb unserer Demokratie. Ein solcher Bürger — sei er nun Demagoge, Chefideologe, Parteistratege oder Sympatisant — zielt mit seinem Sagen und Tun auch nicht auf eine demokratische Alternative für Deutschland, sondern auf einen politischen Systemwechsel diktatorischen Gepräges. Denn mit ihren öffentlichen Reden, ihren antidemokratischen, zersetzenden Invektiven und Pamphleten zielen Flügelkämpfer wie Höcke dezidiert und AfD-Parteistrategen wie Gauland implizit auf nationalpatriotische bzw. nationalsozialistische Vorbilder vom Vormat eines Hitlers, Goebbels, Himmlers, Heydrichs, et al. ab. Lediglich 75 Jahre nach dem historischen Ende der NS-Diktatur propagieren AfD-Politiker*innen nachdrücklich den ideologischen „Flickflack“ in die Epoche des Faschismus und Nationalsozialismus. Beispiele hierfür gibt es inzwischen zur Genüge. Ob nun Einmarsch von Standarten-Trägern auf Landesparteitagen (Thüringen) oder Führer-Kult um den AfD-Neonazi Höcke, überall sucht diese Partei in ihren gewählten Symbolen, Feindbildern, ihrer demagogischen Kampfsprache (vgl. Höckes Wolf-Zitat aus der Goebbels Kampfschrift), in Gestik und Mimik ihrer rechtsextremistischen Propagandisten den bewussten Anschluss an die Leitfiguren der NSDAP. Aber nicht nur ihre Symbole und ihre Sprache, sondern erst recht ihr Verhalten in den Parlamenten und dem Bundestag sowie ihre gezielte Infiltration von Polizei (Stichwort: SEK-Skandale) und Bundeswehr (Stichwort: KSK-Skandal) beweisen, dass es der AfD mit dem angestrebten Umsturz zum diktatorischen System ernst ist. Um es präziser zu fassen: Der rechtsradikale sowie rechtsextremistische Bereich der AfD ist bewiesenermaßen der politische Arm einer militanten, demokratiestürzenden Neonazi-Bewegung, der m.E. durch den Verfassungsschutz observiert und durch das Bundesverfassungsgericht verboten gehörte. Wie weit ihre Vorbereitungen zu diesem Systemwechsel inzwischen gediehen sind, das zeigen u.a. die kursierenden Todeslisten mit demokratischen Politiker*innen, das Ausheben organisierter Schlägertrupps als sog. „Kampfsportgruppen“, die Bildung von Neonazisiedlungen als autonome „Reiche“ innerhalb des Staates, u.v.ä.m. .Wohin dieser völkisch-ideologische Weg der gesellschaftlichen Spaltung einstmals führte, wie sich sodann dieser „Tag X“ wie ein Lauffeuer rasant durch die Gesinnung der Bevölkerung fraß (in Deutschland die sog. „Reichsprogromnacht“; in Litauen Beginn der Massenexektutionen ab Juni 1941), wie er die einen zu Herrenmenschen die anderen jedoch zu Todesopfern machte, all das sollte am Beispiel der litauischen Shoah exemplarisch aufgezeigt werden. Und vergessen wir keine Sekunde, dass auch diese Realität unter den meisten Zeitgenossen*innen der Jahre 1939ff. — Intellektuelle wie auch politisch bestens informierte Juden — als „undenkbar“, als „abwägig“, als „völlig un-realistisch“ galt (s.h. unter anderem das filmische Portrait von Georg Stefan Troller zu dessen 100. Geburtstag; „Auslegung der Wirklichkeit“, R.: Ruth Rieser, 3sat-Mediathek, 13.12.2021). Daher ist es m.E. umso skandalöser, dass Personen mit einer solchen ideologischen AfD-Gesinnung als Mandatsträger*innen in Landesparlamenten (Höcke, et al.) sowie dem Deutschen Bundestag (Gauland, Weidel, Chrupalla, Brandner, et al.) irgendeine Funktion erfüllen oder gar ein Amt bekleiden dürfen.
Was für das Beispiel des „Antisemitismus“ im Besonderen gilt, das gilt für ideologisch indoktrinierte Feindbilder im allgemeinen: Aus Worten und destruktiven Erzählungen / toxischen Narrativen werden politisch motivierte Straftaten; anstelle von Realität tritt fanatisierte, extremistische Weltanschauung; anstelle von Leben-in-der-Welt treten persönlich erlebte Erzähl-Welten. Darin werden „wahre Patrioten“ zu göttergleichen Heroen bzw. Märtyrern emporgehoben, während der Feind-im-Bild entmenschlicht, zur bloßen Sache degradiert, oder aber ins Monströse dämonisiert wird. Anstelle von demokratischem Recht und Gesetz treten „Law and Order“ einer femegerichtlichen Selbstjustiz. Die Inhalte der Feind-Bilder — seien sie nun politischer, religiöser oder privater Art — sind beliebig austauschbar. Ähnlich, und damit vergleichbar, bleibt ihre Struktur, ihr Weitergabe-Muster (Stichwort: „Erzähltradition“ eines „Dogmatismus‘ „), ihr daraus sich entfaltendes Verhaltens-Muster der „Gefolgschaft“. Identisch bleibt, als Komponente des gewählten Stereotyps innerhalb eines politisch-toxischen Narrativs: der mörderisch gesteigerte, der fanatische Hass.
Ausblick
Im dritten Hauptteil der Betrachtungen zu politisch-toxischen Narrativen soll es um eine Art Synopsis gehen, d.h. anhand von ausgewählten Fall-Beispielen soll der ideologische Narrativ-Horizont ausgeleuchtet und entlang einer gedachten Linie von linksterroristischen nach linksextremistischen und weiter nach linksradikalen Positionen abgeschritten werden. Diesen stehen, strukturell betrachtet, rechtsterroristische, rechtsextremistische sowie rechtsradikale Positionen parallel gegenüber. Auf diese Weise lassen sich inhaltlich wider-sprechende „Positionen“ dennoch miteinander vergleichen. Folglich wird das Gliederungsschema weder anhand einer historischen Chronologie (welche Position entwickelte sich aus welcher…?) entstehen, noch anhand der transportierten Inhalte (radikalkommunistische Ideolgien versus nationalsozialistische/nationalpatriotische Ideologien…), sondern entlang der gemeinsamen Erzähl-Strukturen, genauer: deren Toxizität, deren Hass-Potential, und daraus resultierend ihrer Gefahren-Potentiale für den Zusammenhalt der Gesellschaft sowie den Fortbestand der Demokratie. Das Gliederungsschema umfasst folgende realpolitische, historische Positionen: linksterroristische Narrative (z.B. der ehem. RAF, „Rote Zellen“, etc.pp.), linksextremistische Narrative (z.B. der Linksautonomen-Szene, radikale marxistische Strömungen), linksradikale Narrative (der „Sozialisten“, Die Linke). In Parallel-Stellung: rechtsterroristische Narrative (als Motiv der Causa Lübcke, dem Hanau-Massaker), rechtsextremistische Narrative (z.B. des AfD-Flügels, von Neonaziverbänden und Organisationen) sowie rechtsradikale Narrative (z.B. des AfD-Bundestagsfraktionsvorstandes). Die demokratische „Mitte“ mit ihren Narrativen und Politiker*innensprech-Blasen sollen von diesem Kontext-Horizont ausgespart werden, da sie nach meiner Einschätzung keine toxischen Inhalte transportieren und die Demokratie als solche weder in Frage stellen noch abschaffen wollen.
Ganz allgemein gilt es zu bedenken, dass jede „Bewegung“ — sei sie nun politischer, weltanschaulicher, ideologischer Art, oder aber „religiöser“ Art (z.B. Islamisten, Pegida, Sekten, etc.) sowie gesellschaftliche Aktivisten-Gruppierungen (z.B. Umweltaktivisten von „Fridays for Future“, „Bürgerinitiativen“, u.ä.m.) — in der grundsätzlichen Gefahr steht, sich über nivellierende und ent-grenzende Narrative zu radikalisieren. In der Regel verlaufen die Steigerungen der gewählten Erzählungen von „moderat“ zu „radikal“ zu „extrem“ und von dort zu „fanatisch“ bzw. „terroristisch“. Spätestens wenn aus berechtigtem Wider-Spruch Hass und aus Gegnern Feind-Bilder extrahiert werden, ist der Boden einer demokratischen Grund-Ordnung sowie Verfassung verlassen worden.
Wenden wir uns nachfolgend der Beschreibung einzelner, politisch-toxischer Narrativ-Strukturen zu.