Cross-over Geschichten
Ich finde es absolut faszinierend, wenn Protagonisten verschiedener Autoren sich zusammentun und sich daraus etwas völlig Neues ergibt. Die Möglichkeiten sind so wunderbar vielfältig. Die folgende Geschichte handelt von Niclas Richmond, der vom Autoren Neal Skye in seiner Krimiserie in Szene gesetzt wird und Lorai meiner Hauptfigur. Rich ist ein höchst interessanter Privatdetektiv, der einen ungewöhnlichen Auftrag erhält.
Meinen herzlichsten Dank an Neal Sky, dass ich die Geschichte schreiben und veröffentlichen durfte.
Das Rauschen
Der heftige Regen floss Niclas Richmond in den Kragen. Missmutig zerrte er den Mantel enger um die Schultern und verfluchte seine Neugier. Die Ferien in der Schweiz hatte er sich erholsamer vorgestellt. Woher war dieser merkwürdige Brief, der gestern im Hotel abgegeben wurde. Wieso kannte die Schreiberin ihn, einen Privatdetektiv aus Buffalo?
Die Wolken bildeten eine Sturmfront und verdüsterten auf unnatürliche Weise die Umgebung. Verbissen kämpfte Rich gegen das Unwetter. Plötzlich tauchte es aus den Nebelschwaden auf. Verdutzt hielt er inne und betrachtete das gewaltige Eisentor, das dem Wetter trotzte. Das war die Postanschrift? Neugierig drückte er das unverschlossene Metallgitter auf. Dahinter lag eine ungewohnte Stille. Es war, als erwiesen selbst die Vögel dem Ort Respekt. Angespannt marschierte er den schmalen Kiesweg entlang. Ein Geräusch lies ihn in die Höhe schauen. Die emporragenden Tannen auf beiden Seiten senkten knarrend ihre Äste, so als versuchten sie, nach ihm zu greifen! Blödsinn! Zornig schüttelte er den Kopf. Seine Fantasie spielte ihm im Finsteren einen Streich. Das Gewitter bog das Grünzeug bloss herunter. Wo war er überhaupt? Kreuze erschienen in der Ferne. Erstaunt erkannte der Schnüffler, dass er mitten in einem Friedhof herumwanderte. Beim Vorbeigehen musterte er die Adressen des Todes. Aber es waren zu viele, dazu die schlechte Sicht. Suchend drehte er sich im Kreis. Hatte er die Orientierung verloren? Im Augenwinkel blitzte unvermittelt ein Licht auf. Neben der mächtigen Birke, nicht weit von ihm, glühte etwas im Dunkeln. Eines der Grabkreuze schien rötlich zu schimmern. Vorsichtig schritt er darauf zu. Je näher er kam, desto weniger Helligkeit verbreitete das Grab. Als er endlich davorstand, verlosch der letzte Funke. Düsternis umhüllte abrupt den Mann, füllte die Lunge und hinderte ihn am Atmen.
Hustend holte er die Taschenlampe heraus. Langsam nervte ihn der Mist. Trotzdem gefror ihm das Blut ihn den Adern, als er die Buchstaben sah. Loreley Hugentobler. Tatsächlich, Lorai lag an diesem Ort begraben! Skeptisch zog er die knappen Zeilen aus der Hosentasche, die die Dame mit krakeliger Schrift gekritzelt hatte. Sie bat ihn darin, den Magier zu suchen.
Der grelle Schrei einer Eule gellte durch die Nacht. Kurz funkelten Zahlen am Holz auf. Lorais Todesdatum strahlte in die Finsternis und erlosch sofort wieder. Das Schreiben wurde zwei Wochen nach ihrem Ableben geschrieben! Verwirrt entfernte sich Rich von der Stelle. Wer zum Teufel machte sowas? Plötzlich lenkte eine Bewegung seinen Blick auf einen Schatten, der auf ihn zu schwebte. Verdammt, ich muss hier verschwinden. Falls der Kerl eine Waffe hat, bin ich geliefert! Schwer atmend hastete er zum Eingangstor, flüchtete vor der Gestalt, die ihm geräuschlos auf den Fersen war. Er rannte schneller, doch die Grabsteine verstellten den Weg. Wie ein Blinder stolperte Niclas Richmond über den unebenen Boden, bis eine Marmorstatue seine Flucht schmerzhaft beendete. In der Sekunde erstrahlte der Vollmond am Himmelszelt und verbannte den Verfolger in die Dunkelheit.
Der Flüchtende stand schnaufend auf einem Hügel und starrte auf die Stadt unter ihm. Luzern, die Leuchtenstadt lag friedlich da, das Grabfeld hinter ihm. Passierte das eben wirklich? Genervt seufzte er laut. Das Dämonengefasel in der Nachricht war absoluter Schrott und schien seine Wahrnehmung manipuliert zu haben. Weshalb verfolgte er diese idiotische Spur überhaupt? Lorais Warnung kam ihm in den Sinn. Er sollte sich vor Gewässern hüten, denn der Schwarzmagier beherrschte, ihrer Überzeugung nach, die Elemente.
Rich lachte lauthals los. Der dämliche Regen konnte ja wohl kaum gemeint sein. Er beschloss, dem nicht weiter nachzugehen, und wollte gerade ins Hotel zurück, als das Handy klingelte. Noch so eine moderne Errungenschaft, die ihm auf den Keks ging. Er hielt es ans Ohr und erstarrte. Aus dem Gerät dröhnte ihm das Rauschen von Wasser, begleitet von einem leisen Flüstern, entgegen.