19. April 2011. Weiter auf dem Jakobsweg. Wir lassen den Somport-Pass hinter uns und erreichen nach einigen Fahrminuten Canfranc, bzw. Canfranc-Estación. Staunend stehe ich vor dem gigantischen Bahnhof. Man traut seinen Augen nicht, wenn man in dieser Einöde, inmitten eines unscheinbaren Ortes, kurz hinter der Grenze von Frankreich nach Spanien gelegen, dieses Bauwerk entdeckt. Ein Bahnhof der einer großen Stadt zu Ehren gereichen würde! Doch, wie kam es dazu? Wer und vor allem warum, baut man ein solch monumentales Bauwerk mitten in ein kleines Pyrenäen-Dorf?
Bahnhof von Canfranc – Früher
Der König von Spanien gab 1928 den “Internationalen Bahnhof von Canfranc” nach über 70 jähriger Bauphase zum Betrieb frei. Der Bahnhof sollte als Dreh- und Angelpunkt bei der Überquerung der Pyrenäen gelten, ja, man sprach sogar davon: ”Es gibt ab heute keine Pyrenäen mehr!”
Der gigantische Bahnhof, dieser gewaltige Bau, sollte dieses ehrgeizige Anliegen untermauern. Sogar ein Krankenhaus und ein Hotel sollte in das gewaltige Bauvorhaben integriert werden. Ein grenzüberschreitender Verkehr war jedoch nicht möglich, da die Spanier sich nicht der europäischen Bahn-Spurweite anpassen wollten? So musste jeder Fahrgast der nach Frankreich wollte, ab Canfranc umsteigen, in Waggons mit der passenden Spurbreite. Einfach alles musste umgeladen werden, auch Waren die für Empfänger in Frankreich, oder sogar andere Länder bestimmt waren. So ergaben sich erhebliche Verzögerungen, die den Güter- und Personenverkehr vollkommen unrentabel machten.
Nach dem zweiten Weltkrieg, wurde der Bahnhof wieder angefahren, für kurze Zeit in Betrieb genommen. Wurde jedoch 1970, nach einem schweren Unfall, bei der Brücke L´Estanguet, von französischer Seite her endgültig geschlossen. Seitdem verfällt der Bahnhof und die Strecke auf französischer Seite zunehmend. Auf spanischer Seite verkehren bis heute lediglich nur noch zwei Züge täglich, auf der Strecke Zaragozza – Canfranc-Estacion.
Bahnhof von Canfranc – Heute
Es soll jedoch neues Leben auf dem gigantischen Gelände entstehen. Auch ein Luxushotel soll wieder geplant sein. Erste Sanierungsarbeiten fanden bereits 2006 am Empfangsgebäude von Canfranc statt. Das geplante Luxus-hotel – nach anderen Quellen auch eine Wohnanlage – sollten bereits 2007 fertiggestellt sein!! Von all dem kann ich als unbedarfter Pilger jedoch nichts erkennen und soll auch von mir nicht hinterfragt werden. Bin ja nur auf der Durchreise!
Natürlich inspiziere ich das Gelände ausgiebig, soweit das möglich ist. Die Gebäude sind eingezäunt, sodass man sich diesen nicht nähern kann. Lautes Hundegebell ist im Hintergrund zu hören. Der Bahnhof wird demnach bewacht. Er ist schon imposant, der nostalgische Bahnhof. Ich kann mich aber in den Koloss nicht verlieben. Ist mir alles zu bombastisch. So eine Riesenanlage scheint mir hier vollkommen fehl am Platze und alleine nur ehrgeizigen Plänen zu dienen. Dennoch kann ich mich dem Reiz dieses Bahnhofes, der im Jugendstil errichtet ist, nicht ganz verschließen.
In Canfranc-Estación endet meine Reise vorerst, bzw. konnte ich meine Fahrkarten nur bis hierher buchen. Für das letzte Teilstück meiner Tagesetappe nehme ich den öffentlichen Bus. – Doch zunächst kehre ich in meiner ersten spanischen Bar ein. Klingt immer etwas anders-verständlich: „Ich gehe in eine Bar!“ Aber was will ich machen? So heißen nun einmal in Spanien die kleinen Gastwirtschaften, mit einer langen Theke an der man etwas zu trinken erhält und z. B. kleine Tapas zu sich nehmen kann. Genau in dieser Reihenfolge werde ich jetzt tätig! Und will mich auch gleich daran gewöhnen, dass es in einer spanischen Bar lauter zugeht, als bei mir zu Hause in Mainz. Zwei Fernseher sind in voller Lautstärke aufgedreht. Auf dem einen wird ein Tennisturnier ausgestrahlt, das andere Fernsehgerät informiert lautstark über Fußball!
Olé España. Buenas Dias – ich bin da!