Vom Kleinsten im Großen —
Betrachtungen zur menschlichen Genealogie, Teil V
12.04. bis 20.04.2023
In den vergangenen vier Blog-Beiträgen kreisten die Betrachtungen um den Walnussbaum vor meinem Fenster sowie die Gene, die allen Eukaryonten zu eigen sind. Kleiner noch als die Gene der DNA bzw. RNA sind deren Nuklein-Basen. Diese sind nach gewissen Mustern, der Gensequenz, angeordnet. Diese Sequenz entscheidet über die Genese, d.h., ob sich aus den Chromosomen eine Pflanze, ein Tier oder ein Menschen entwickeln wird. Jeder Baum, jedes Tier, jeder Mensch ist somit einmalig, einzigartig, individuell. Ein unverwechselbares Lebe-Wesen. Staunens-wert, wie das Kleinste im Großen diese Bio-Diversität zu garantieren vermag.
Ein anderer Aspekt streifte den Unterschied zwischen „Wahrheit“ einer-seits, als das in einem Sagen Un-Gesagte, das der „Mythos“, die „Geschichte“, die „Erzählung“ zu transportieren vermag. Hier obliegt es dem Zuhörer bzw. Leser, ob und inwieweit er sich kraft seines eigenen Denkens, Erlebens, kraft seiner Intuition, diesem Wahr-Sein zu nähern vermag. In diesem Bereich ist es von zentraler Bedeutung, welche Person als „Autorität“ den betreffenden Mythos auslegt, darlegt, interpretiert (vgl. Sokrates, Platon, Aristoteles, et al. sowie das antike dictum: „αὐτός ἔφη“ =“autós éphē“, d.h., „er selbst hat es gesagt“). Es gilt: Weil es eine geglaubte Autorität, der man bedingungslos vertraut, so gesagt hat, ist etwas „wahr“. Hier liegt die Begründung von Wahrheit folglich in der auctoritas der sprechenden Person. Das galt seit der Antike bis hin zur Epoche der „Aufklärung“ für die größten Philosophen ebenso, wie es heutzutage für moderne Diktatoren und deren Propaganda-Narrative gilt…— Sowie der „Richtigkeit“ anderer-seits, die die moderne Wissenschaft kraft ihrer Methoden, ihrer rationalen Argumentation sowie ihrer widerspruchsfreien Folgerungen zu generieren vermag. Ein wissenschaftlicher „Fakt“, sofern er denn methodisch begründet und nicht nur als rein persönliche Überzeugung behauptet wird, gilt völlig unabhängig von Raum, Zeit, Ort und jener Person, die ihn ausspricht. Etwa das physikalische Gesetz der Gravitation und dass der Apfel deshalb nicht weit vom Stamm fällt. Die Autorität, die Richtigkeit garantiert, liegt hier in der Methode als eingeschlagenem „Weg“, der Argumentation sowie in der Widerspruchsfreiheit der Ergebnisse, nicht aber im Berichtenden. Es ist also ein fundamentaler Unterschied, ob eine „Wahrheit behauptet“ oder aber ein wissenschaftlicher Fakt bewiesen wird. Eine wichtige Differenzierung, die es zu behalten gilt.
Die Richtigkeit der Genetik führte uns in die Grenzbereiche menschlicher Forschung sowie deren Gefahren innerhalbder technisch-mechanischen Humanwissenschaften. Lässt sich des Menschen „Geist“, sein „Bewusstsein“, seine „Intelligenz“, seine „Seele“ mittels rein naturwissenschaftlicher Methodik im atomaren Bereich der Gehirn-Neuronen finden, beweisen, definieren? Wir strandeten in einer ähnlichen Aporie wie seinerzeit Bohr-Heisenberg in ihrem physikalischen „Welle-Teilchen-Dualismus“. Einen möglichen Aus-Weg wies uns der Psychopathologe und Existenzphilosoph Karl Jaspers (1883-1969), der in seinen Arbeiten das Geist-Körper-Problem, diesen Dualismus aus Materie und Sein, phänomenologisch zu bearbeiten und zu differenzieren begann. Denn sowohl in der Psychopathologie als auch in der Existenzphilosophie hat es der Wissenschaftler mit Phänomenen menschlichen Seins zu tun, nicht jedoch mit (naturwissenschaftlichen) Objekten. So können Verhaltensstörungen, Angstpsychosen u.v.a.m. phänotypisch erfasst, wissenschaftlich exakt beschrieben und erklärt, logisch in Taxonomien geordnet werden, während das Gehirn des Patienten/Klienten keinerlei Anomalie aufweist. Ein wissenschaftlicher Widerspruch? Parallel hierzu: Auch in der Existenzphilosophie, wie sie Karl Jaspers methodologisch grundlegte, haben wir es einerseits mit Materie, mit „Immanenz“ als „Welt“ und „Dasein“ zu tun, und andererseits begegnen uns Phänomene von Wirklichkeit, von Sein, von „Existenz“, sowie von „Transzendenz“. Immanenz als „Welt“ und „Dasein“ sind verflochten aufgrund von Bezügen; „Existenz“ („Geist“, „Bewusstsein überhaupt“, „Vernunft“, etc.pp.) und „Transzendenz“ sind miteinander verbunden durch Beziehungen. Diese Phänomene und ihre Beziehungen zu „erhellen“, bedarf es einer anderen als der rein naturwissenschaftlichen Methodik und Terminologie. Es ist also mehr als nur fraglich, ob die molekularbiologische Technik und ihre Wissenschafts-Bereiche innerhalb ihrer angewandten Methoden jemals des Menschen „Denken“, seinen „Geist“, seinen „Intellekt“, oder sogar seine „Seele“ beweisen werden können. Im Gegenteil. Die Partikularwissenschaften „atomisieren“ lediglich das menschliche Sein zu konfettihaften, beziehungslosen Bruch-Stücken aus morphologischen „Teilchen“ und elektrischen „Welle“-Impulsen. Das Wesen des Menschen ereignet sich jedoch in einem anderen Wirklichkeits-Bereich. Vom Kleinsten im Großen — ein naturwissenschaftlich unlösbares Rätsel, ein bleibendes Paradoxon?
An dieser Grenze zog eine Gefahr herauf: Die Preisgabe der ethischen Verantwortung diverser Wissenschaften zugunsten einer tabulosen Grenz-überschreitenden Forschung. Ist eine Wissenschaft ohne „rote Linien“, ohne Grenzen, ohne Verantwortung, außer jener gegenüber dem eigenen, persönlichen Erfolg, wünschens- und erstrebenswert? Möglicher Missbrauch wurde exemplarisch aufgezeigt. Eine andere Gefahr wurde durch die Forschung der KI-Technik im Bereich der Humanoid-Wissenschaften skizzenartig thematisiert: Droht die Abschaffung des Menschen durch den Menschen? Das heißt, gewisse Bereiche der Wissenschaft wie auch der digitalen Technik unternehmen seit einigen Jahren den ernsthaften Versuch, einen „homo digitalis“ kraft operationalisierter Rechenleistung zu konstruieren. Eine Schreckens-Vision? Gehört denn nicht KI inzwischen in vielen Industriebereichen zum ganz normalen Alltags-Geschäft? Aber in den Humanwissenschaften? Aus der natürlichen Spezies „Homo“ soll eine künstlich-technische Maschine von „Humanoiden“ erdacht, geplant und schließlich auch produziert werden. Bits und Bytes — vom Kleinsten im Großen. Technische Chance oder Homozid? Anders formuliert: Inwieweit darf unsere „Faszination Technik“ als einziges Ausschlusskriterium in den technischen Humanwissenschaften dienen, um argumentativ jeglichen Tabubruch und jede Grenzüberschreitung zu rechtfertigen? Müssen nicht entstehende Gefahren im Raum der Human-Technik / KI grundlegend mitgedacht und anhand von ethischen Forderungen höher gewichtet werden, als das alte Paradigma, dass alles, was technisch denk- und planbar ist, auch in-die-Realität umgesetzt werden müsse? Quasi Sachrealität als Beweis dafür, dass die theoretischen Berechnungen korrekt und zielführend waren — quot erat demonstrandum!? Erinnern wir uns etwa an die weitreichenden Forschungen im Bereich der zivilen und militärischen Nutzung der Atom- bzw. Kernphysik sowie deren konkrete Folgen für die Menschheit seit 1945 (Tschernobyl, Fukushima; Hiroshima, Nagasaki). Stellvertretend für viele Forscher:innen seien Edward Teller’s Geisteshaltung und Ambitionen bei der Erforschung, der Planung und zuletzt dem Bau der sog. „Wasserstoffbombe“ genannt. Eine verantwortungsvollere, weil ethisch begründete, Haltung nahmen dagegen Physiker wie Albert Einstein und sogar J. Robert Oppenheimer ein. Letzterer allerdings erst, als „Little Boy“ über Hiroshima gezündet worden war…— Weiter so, oder Paradigmen-Wechsel?
Beide Gefahren — die Preisgabe ethischer Grenzen zum einen, die Überschreitung existentieller Grenzen bei der Digitalisierung des Menschen zum anderen — entstehen innerhalb der forschenden, technischen Wissenschaften. Eine völlig andere Gefahr entsteht für jegliche Wissenschaft, wenn gesellschaftliche, ideologische und/oder ökonomische Kräfte von außen auf Wissenschafts-Bereiche einwirken. Dann besteht die Gefahr, dass durch gezielte Einflussnahme zunächst die Forschungs-Arbeiten manipuliert werden und schließlich ganze Wissenschafts-Bereiche übernommen bzw. für fremde Zwecke instrumentalisiert werden, etwa, indem sie für gesellschaftliche, weltanschauliche, ökonomische, etc. Ziele „dienstbar“ und abhängig gemacht werden. Wissenschafts-Missbrauch. Welche Gefahren entstanden und entstehen, wenn „Wissenschaft und Forschung“ ihre Freiheit und Unabhängigkeit aufgeben und sich willfährig „in den Dienst einer Sache“ stellen? Hiervon soll der nachfolgende Exkurs handeln.
Exkurs:
Von Anfang an standen und stehen Wissenschaften vor vielfältigen Herausforderung und Gefahren. Dies gilt sowohl für (ethische) Herausforderungen innerhalb des Wissenschaftsbereiches als auch für unterschiedlichste, gezielte Einflussnahmen von außen. Moderne, „Freie Wissenschaften“, einstmals hervorgegangen aus den „sieben freien Künsten“, die im mittelalterlichen Lehrwesen auf die Fakultäten der Theologie, Jurisprudenz sowie der Medizin vorbereiteten, haben sich zu einem Kosmos des menschlichen Wissens ausdifferenziert. Diese Bewegung schreitet kontinuierlich voran. Dabei gilt: „altes Wissen“ früherer Jahrhunderte verliert nicht seinen Wert (Wissenschafts-Jargon „Halbwertzeit des Wissens“), sondern dient heutigem Wissen als notwendiges Fundament, das ad infinitum ausgebaut, verbreitert, und als Wissen selbst präzisiert wird. Unabhängig vom jeweiligen Wissenschafts-Bereich — Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften — wandelt methodische Forschung ein Noch-Nicht-Wissen in Wissen. Während Forschung sozusagen ins Dunkel jen-seits der Wissens-„Horizonte“, jen-seits der Wissens-„Grenzen“ hinaus-fragt, ist das generierte, methodisch gesicherte Wissen jener Bestand dies-seits der Grenze, woraus Fragen aufgeworfen und gestellt werden. Diese Fragen entstehen meist aus logischen Widersprüchen, die unterwegs zum anvisierten Forschungs-Ziel, dem Beweis als Ergebnis, entstehen. Und aus jeder Antwort ergeben sich wiederum neue Fragen, ad infinitum. Somit ist Wissen selbst, wie die menschliche „Existenz“ auch, ein „offener Horizont“ (vgl. Karl Jaspers). „Existenz“ wie auch Wissen des Menschen sind ineinander verwobene, unabschließbare Prozesse eines voranschreitenden Werdens. Paradoxon: Im Betrachten des einzelnen Aspektes oder Wissens-Bestandes gleichsam wie geronnene, gestoppte Zeit; im Ganzen jedoch fließend, niemals „abgeschlossen“, niemals fertig oder gar vollendet.
Doch retour zu den möglichen Gefahren, denen sich „Wissenschaft“ von innen und von außen ausgesetzt findet. Zum einen gibt es die Gefahren der Grenzüberschreitungen im eigenen Wissenschaftsbereich, etwa in dem Sinn, wenn in einer Theorie mehr behauptet wird, als methodisch bewiesen werden kann. Oder aber wenn die Grenzüberschreitungen keinerlei ethische Regulierung anerkennen wollen. Nun findet aber Forschung per se immer an der Grenze des jeweiligen Wissens statt, somit ist eine Grenz-Überschreitung jeglichem Forschen implizit, ja geradezu eine conditio sine qua non. Aber: Alles Forschen — geschehe es nun im naturwissenschaftlichen Bereich, dem technischen Bereich oder dem geisteswissenschaftlichen Bereich — muss deshalb an ethische Regeln rückgebunden sein, damit ein Missbrauch des Wissens, wo immer möglich, rechtzeitig verhindert werden kann. So stehen m.E. bereits heute die moderne, wissenschaftsbasierte Technik (KI, Humanoid-Technik) sowie die technikbasierten Humanwissenschaften (Humangenetik, Genomik, Molekularbiologie, molekulare Histologie im Bereich des menschlichen Gehirnes => „neuronales Korrelat des Bewusstseins“, etc.pp.) in ihren jeweiligen Grenzbereichen in ständiger Gefahr, wesentliche, ethische Grenzen zu überschreiten. Das heißt, ein denkbar Mögliches im Bereich der (theoretischen) Forschung soll bzw. ‚muss‘ auch Realität werden, muss in-die-Tat-umgesetzt werden, damit die berechnete Funktion anhand der Praxis bewiesen werden kann. Es ist, wenn auch in einem anderen Forschungs- und Wissenschaftsbereich, noch immer die selbe Geisteshaltung und Gefahr, die in den 1940er Jahren im Bereich der Atom- bzw. Kernphysik zur theoretischen Planung, Entwicklung, und schließlich zum Bau der Atombombe („Manhattan-Projekt“, Leitung: J. Robert Oppenheimer) sowie zu ihrem militärischen Einsatz über den Städten Hiroshima und Nagasaki führte. Fast parallel hierzu trieb ein Team um Edward Teller („Vater der Wasserstoffbombe“), zunächst noch im Forschungslabor Los Alamos, später dann im von ihm mitbegründeten Lawrence Livermore National Laboratory, Berkeley, CA., die Theorie der Kernfusion zu militärischen Zwecken voran. Diese Forscher-Gruppe war von der Vorstellung einer „Superbombe“ (Teller) so sehr fasziniert, dass sie die theoretischen Grundlagen und Planungen perfektionierten, die schließlich zur Entwicklung und dem Bau der Bombe führten. Die Zündung der ersten Versuchsmodelle, TX-41, sowie der eigentlichen „Wasserstoffbombe“, „B-41“, geschah in den Jahren 1956ff. auf den Pazifikatollen Bikini / Eniwetok. Die Spirale des atomaren Wettrüstens war in eine neue Phase eingetreten. Die wissenschaftliche „Büchse der Pandora“ war geöffnet worden und seitdem entsteigen ihr — auf dem Gebiet der nuklearen Kriegsführung — stets neue „Monster“ an Vernichtungs-Waffen. Welche Risiken und Gefahren mag die „Pandora-Büchse“ im Raum der molekularen Humanforschungen, der Humanoid-Technik sowie der KI für die Menschheit bereithalten? Inwieweit sind die auftretenden Risiken nocheinschätzbar, die Gefahren-Potentiale noch kontrollierbar? Lediglich „Havarie der menschlichen Intelligenz“, oder doch Super-GAU und Kernschmelze einer KI…—?
Ein weiterer Gefahren-Aspekt ist, wenn moderne Wissenschaften ethische Grenzen ignorieren, z.B. wenn man sehr wohl um die ethischen Einwände, die berechtigten Bedenken und Implikationen weiß, aber trotzdem weiter forscht, weil man das eigene Renommee bzw. die eigene Karriere wichtiger erachtet, als die Wahrung ethischer „roter Linien“. Ein Berufsethos, das z.B. in der Molekularbiologie im Bereich der molekularen Genetik anzutreffen ist, da Forschungen mit dem Ziel der konkreten Anwendbarkeit in der Realität vorangetrieben werden (vgl. CRISPR/Cas-Methoden-Forschungen). In dieser Geisteshaltung laufen betreffende Wissenschaften Gefahr, Wesens-Unterschiede bei Pflanzen, Tieren, Menschen auszulöschen und letzten Endes mit ihren Forschungen und Wissen den Menschen selbst abzuschaffen. Pointiert formuliert: Die durchaus reale Gefahr besteht, dass der Mensch selbst womöglich zur „Laborratte“ degradiert wird, nämlich dann, wenn Teile seiner DNA-Sequenz „passgenau“ ausgeschnitten (CRISPR/Cas9-Schere) und durch beliebige Sequenzteile missbräuchlich ersetzt werden. Anders als beim „homo digitalis“ entsteht hier auf molekulartechnischer Basis sodann ein genetisch fixierter „Kunstmensch“. Die ethische Crux und das standardisierte Pro-Argument der CRISPR/Cas-Methoden-Forschungen: Die CRISPR/Cas9-Methode kann womöglich uralte Erbkrankheiten (Hämophilie A/B, Chorea Huntington, Mukoviszidose, etc.pp.), sowie Krankheiten aus dem Bereich der „monogenen Krebsdispositionssyndrome“ (z.B. Lymphom, Sarkom, Mammakarzinom, Melanom, etc.pp.) „heilen“ oder eine mögliche Immunität bei Infektionskrankheiten (Pocken, Masern, Tuberkulose, u.ä.m.) garantieren. Sollten wir diesem zukünftigen „Segen“ aus ethischen Gründen vorab schon Forschungs-Grenzen setzen? Ein ethisches Dilemma. Es ist die uralte Menschheits-Frage seit Erfindung des Pflanzstockes und des Rades: Ab welcher Grenze wandelt sich ein „Segen“ für die Menschheit in deren „Fluch“? Anders formuliert: Welche Grenzen müssen forschend überschritten werden, damit Wissenschaft ein „Segen“ der Menschheit bleibt; und welche Grenze(n) dürfen unter keinen Umständen überschritten werden, müssen zum Wohl der Menschheit gewahrt und respektiert werden, damit aus dem erreichten „Wohl“ nicht ein „Fluch“ werde? Zur Zeit ist lediglich offensischtlich, dass man diese CRISPR-Technologie nicht dem eigenen Belieben und den Neigungen der jeweiligen Forscher:innen anheimstellen darf, da der historisch bewiesene Missbrauch der Genetik (Stichwort: „Eugenik“) schon einmal unsagbares Leid über die Menschen gebracht hat. Und weiter: Selbst wenn es in Demokratien einen Konsens bzgl. eines Forschungs-Stops geben würde — was würden die modernen Diktaturen in Russland, China, etc.pp. tun? Würden auch sie sich an ethische Standards halten oder, wie in den 1930er und 1940er Jahren bereits schon einmal genetisch geschehen (vgl. Termini wie „Erbkrankheit“, „Eugenik“, „Rassenhygiene“ im NS-Staat), dem tabulosen CRISPR-Missbrauch Tür und Tor öffnen?
Aber auch darin besteht eine weitere, nicht zu unterschätzende Gefahr, wenn Pseudo-„Wissenschaften“ einem bloßen Zeitgeist huldigen und ganz gezielten Einfluss auf die Öffentliche Meinung nehmen, diese indoktrinieren und für private Ziele der Mächtigen instrumentalisieren. Etwa indem sie ausschließlich Behauptungen aufstellen, ohne für den Inhalt ihrer „Ergebnisse“ irgendwelche Argumente noch Beweise vorzulegen — denken wir u.a. an die geistige Situation der Zeit unter Donald Trump, Vladimir Putin, Xi Jinping, et al., da bereits eine bloße Behauptung im Raum der jeweiligen Propaganda zum ‚wissenschaftlichen Fakt‘ erhoben werden konnte bzw. noch immer erhoben wird.
Nicht zuletzt birgt die Vermischung von Methoden eine Gefahr, etwa wenn Wissen und Meinen miteinander kombiniert werden (altgr. δόξα, Doxa; Meinen, Meinung; vgl. das Konzept und Werk des frz. Soziologen Pierre Bourdieu), oder wenn methodisches Wissen mit Glauben vermischt wird (Stichwort: „Wissenschaftsaberglauben“ bei Karl Jaspers). Dann entstehen gefährliche, meist manipulative Halbwahrheiten und Überzeugungen, die im gesellschaftlichen Diskurs meist autoritäre Geltung beanspruchen und gleichzeitig weder kritisiert, noch debattiert, noch hinterfragt werden dürfen (vgl. u.a. Narrative der „Neuen Rechten“). Doxische Wirklichkeitsüberzeugungen sind Glaubens-Satzungen, die nach Bourdieu „von den Menschen als selbstevident, natürlich oder unanfechtbar wahrgenommen“ werden. Es ist die Wiederkehr der eingangs beschriebenen „Autorität“ in Person eines Meinungsführers (Trump) oder eines ideologischen Rädelsführers (Höcke), der darüber entscheidet, was seiner Meinung nach als „wahr“ und/oder „falsch“ / „fake“ zu gelten habe. Letztlich eine auctoritas biblischer Anmaßung, die mantraartig behauptet: „Die… sagen dies und das. Ich aber sage Euch…!“ (vgl. Matthäus-Evangelium) Gerne werden in diesem „Wissenschafts“-Umfeld esoterische Momente des Glaubens auf ein und die selbe Stufe von wissenschaftlichen Fakten gehoben und diesen entweder gleichgestellt oder aber kontradiktorisch gegenübergestellt (vgl. u.a. die Darstellung der Corona-Pandemie und die enorme Spannweite der vorgelegten Studien / „Studien“ hinsichtlich der benannten Ursachen, Wirkungen sowie der empfohlenen Gegenmaßnahmen). Dies mag zur Andeutung verschiedener Gefahren innerhalbder Wissenschaften genügen.
— Fortsetzung folgt —